Nebenjobs: Wann Ihnen Ihr Arbeitgeber eine Nebentätigkeit verwehren darf (und wann nicht)

Wenn Sie einen Nebenjob ins Auge fassen, sollten Sie diese Grundregeln beachten

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Egal, was Sie tun: ein Nebenjob ist grundsätzlich erlaubt. Verbieten darf Ihnen eine Nebentätigkeit zunächst mal keiner. Es sei denn, Sie verstoßen dabei gegen bestimmte Grundregeln. Welche das sind und was zu beachten ist, weiß Rechtsanwalt Jochen Bauer.

Gesetz und Arbeitsvertrag

Nebentätigkeiten sind grundsätzlich erlaubt. Egal, ob Sie nebenbei Regale auffüllen, ehrenamtlich als Trainer arbeiten oder regelmäßig Tupperware-Parties veranstalten - verbieten darf Ihnen das zunächst mal keiner. Es sei denn, Ihre Nebenbeschäftigung verstößt gegen bestimmte Grundsätze. Welche das sein können und wie Sie sich verhalten sollten, verrät Arbeitsrechtexperte Jochen Bauer.

Unter einer "Nebentätigkeit" wird eine berufliche Tätigkeit verstanden, die neben dem Hauptberuf, also dem Dienst als Arbeitnehmer oder Beamter, ausgeübt wird. Die Ausübung einer Nebentätigkeit ist grundsätzlich erlaubt und kann in den unterschiedlichsten Ausprägungen stattfinden:

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Grenzen der Nebentätigkeitsfreiheit

Das uneingeschränkte Recht eines jeden Bürgers, in seiner Freizeit tun und lassen zu können, was er will, beinhaltet also über Art. 12 Abs. 1 GG auch das Recht, sich einen (zweiten) Arbeitsplatz zu suchen. Die Grenzen dieses Rechts finden sich vor allem in den folgenden Gesetzen und Regelungen. Wird hiergegen verstoßen, ist eine Nebentätigkeit unzulässig.

  • Gefährdung des Hauptarbeitsvertrages

    Eine Nebentätigkeit ist eine Beschäftigung, die neben der Haupttätigkeit vorgenommen wird. Diese Haupttätigkeit aber hat Vorrang und darf nicht durch die Nebentätigkeit unmöglich gemacht werden. Die Grenze der Nebentätigkeitsfreiheit beginnt also dort, wo es dem Einzelnen nicht mehr möglich ist, seiner Hauptverpflichtung nachzukommen, weil ihn die Nebentätigkeit aller Kräfte beraubt.

    Beispiel: Ein Arbeitnehmer, der tagsüber einer geregelten Arbeit nachkommt, hilft abends in der Gaststätte eines Freundes aus. Diese Aushilfsarbeit dauert oftmals bis in die frühen Morgenstunden an; zudem muss der Arbeitnehmer mitunter bei diversen Weinproben "aushelfen". Als Folge ist er bei seiner täglichen Arbeit vermehrt übermüdet, erscheint zu spät zum Arbeitsbeginn und kann nicht mehr effektiv arbeiten.

    Unabhängig von einem möglichen zusätzlichen Verstoß gegen das Arbeitszeitgesetz ist die Nebentätigkeit hier unzulässig, da sie die ordnungsgemäße Durchführung des Hauptarbeitsvertrages gefährdet bzw. schon vereitelt. Der Hauptarbeitgeber kann verlangen, dass der Arbeitnehmer die Nebentätigkeit einstellt oder zumindest auf ein vertretbares Maß reduziert.

  • Konkurrenztätigkeit

    Zu den Vertragspflichten eines jeden Arbeitnehmers zählt auch, dass er seinem Arbeitgeber keine Konkurrenz macht. Solange das Arbeitsverhältnis besteht, ist der Arbeitnehmer also verpflichtet, alles zu unterlassen, was das Geschäft seines Arbeitgebers beeinträchtigt; hierzu gehört auch die Aufnahme einer Nebentätigkeit, die in Konkurrenz zum Hauptarbeitgeber steht.

    Beispiel: Der auf Grund seiner Sachkenntnis festangestellte Verkäufer beschließt, diese Sachkenntnis weiter zu nutzen und neben seiner Hauptarbeit einen eigenen Laden mit ähnlichen Produkten zu betreiben.

    Gleichgültig, wie viel Zeit der Arbeitnehmer in sein Geschäft investiert, es stellt in jedem Fall ein konkurrierendes Unternehmen dar. Die Nebentätigkeit ist daher unzulässig.

    Allerdings existieren gerade hier Grenzen, insbesondere was die Einordnung als "Konkurrenztätigkeit" betrifft. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist eine Tätigkeit dann nicht als Konkurrenztätigkeit anzusehen, wenn der Nebentätigkeit keinerlei unterstützende Tätigkeit für das Konkurrenzunternehmen zugemessen werden kann.

    Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte über die Klage einer langjährigen Briefsortiererin zu entscheiden, die neben ihrer Teilzeitarbeit bei der Deutschen Post AG frühmorgens eine Nebentätigkeit als Zeitungszustellerin mit einer Wochenarbeitszeit von sechs Stunden bei einem anderen Unternehmen ausüben wollte. Dies wurde ihr von der Deutschen Post AG mit der Begründung untersagt, die Nebentätigkeit finde für ein Konkurrenzunternehmen statt, weshalb auf Grund einschlägiger tariflicher Bestimmungen wegen des unmittelbaren Wettbewerbs die Tätigkeit nicht genehmigungsfähig sei. Tatsächlich handelte es sich bei dem anderen Unternehmen um ein zumindest in Teilen konkurrierendes Unternehmen, da auch hier Briefzustellungen erfolgten.

    Das BAG hat festgestellt, dass die Klägerin die betreffende Nebentätigkeit sehr wohl ausüben darf. Ob der eingangs erwähnte Grundsatz auch bei unbedeutenden und untergeordneten Tätigkeiten Gültigkeit haben soll, ließ das Gericht dahingestellt. Im zu entscheidenden Fall lag nach Ansicht des BAG aber überhaupt keine unmittelbare Wettbewerbstätigkeit vor. Zwar befänden sich die beiden Unternehmen teilweise im Wettbewerb miteinander. Die Tätigkeit der Klägerin habe jedoch mit dieser Konkurrenzsituation nichts zu tun, da sie in dem anderen Unternehmen nicht in der Briefzustellung tätig sei. Darüber hinaus läge auch keine Überschneidung ihrer Tätigkeiten in den beiden Unternehmen vor. Es handele sich somit lediglich um eine untergeordnete wirtschaftliche Unterstützung des Konkurrenzunternehmens. Dies reiche jedoch nicht aus, um eine Untersagung dieser Tätigkeit zu rechtfertigen. Die Entscheidung des BAG vom 24.3.2010 findet sich hier.

  • Arbeitszeitgesetz

    Das Arbeitszeitgesetz dient vorrangig dem Schutz des Arbeitnehmers. Er soll vor körperlicher Ausbeutung geschützt werden. Daher schreibt das Gesetz bestimmte Höchstarbeitszeiten vor, die nicht überschritten werden dürfen. In der Regel liegen diese bei einer 6-Tage-Woche bei 8 Stunden am Tag, also bei 48 Stunden pro Woche. In Ausnahmefällen kann diese Arbeitszeit auf 10 Stunden pro Tag ausgeweitet werden, sodass eine maximale Arbeitszeit von 60 Stunden pro Woche möglich ist. Es muss sich jedoch tatsächlich um Ausnahmesituationen handeln; der Mehranfall von Arbeit darf keinesfalls zur Gewohnheit werden.

    Entscheidend für die Zulässigkeit von Nebentätigkeiten ist hierbei, dass gemäß § 2 Abs. 1 S. 1 ArbZG die Arbeitszeiten bei mehreren Arbeitgebern zusammenzurechnen sind.

    Beträgt im oben genannten Beispiel die regelmäßige Wochenarbeitszeit des Arbeitnehmers im Hauptberuf 38 Stunden, so darf er grundsätzlich für seinen Freund 10 Stunden pro Woche in der Gaststätte aushelfen. Überschreitet er diese 10 Stunden, so ist die Nebentätigkeit schon allein wegen des Verstoßes gegen das Arbeitszeitgesetz unzulässig.

  • Bundesurlaubsgesetz

    Auch das Bundesurlaubsgesetz ist eine Schutzvorschrift für den Arbeitnehmer. Es will gewährleisten, dass der Arbeitnehmer Ruhe und Erholung von der Arbeit erhält und so seine Kräfte wieder neu sammeln kann. Auch hiermit soll eine körperliche Ausbeutung verhindert werden. Aus diesem Grund schreibt es einen Mindesterholungsurlaub vor, der einzuhalten ist.

    Während dieses Erholungsurlaubs verbietet § 8 BUrlG dem Arbeitnehmer, einer "dem Urlaubszweck widersprechenden Erwerbstätigkeit" nachzugehen.

    Beispiel: Hilft der erwähnte Arbeitnehmer seinem Freund in der Gastronomie nur noch während seines Erholungsurlaubs aus, so darf er auch hier nicht die Grenzen seiner körperlichen Belastbarkeit überbeanspruchen. Arbeitet er während seines Urlaubes derart, dass er nach dem Urlaub erst einmal ein paar Tage krankgeschrieben werden muss, so hat er den Zweck des Urlaubs, nämlich die Erholung, missachtet. Die Nebentätigkeit wäre wiederum unzulässig.

    Jedoch ergibt sich schon aus dem Wortlaut von § 8 BUrlG, dass nicht jede Nebentätigkeit im Urlaub verboten ist. Auch anstrengende Arbeiten können somit zulässig sein, solange sie nicht den Erholungswert des Urlaubs zunichte machen. Die Rechtsprechung geht dementsprechend auch großzügig mit solchen Urlaubstätigkeiten um. So kann hier zum Beispiel gerade körperliche Arbeit für sonst im Büro tätige Menschen zwar äußerst anstrengend, letztlich aber gerade deshalb als Ausgleich auch erholsam sein.

  • Mutterschutzgesetz

    Das Mutterschutzgesetz soll werdende oder stillende Mütter und ihre neu- oder noch ungeborenen Kinder schützen. So regeln die §§ 3 und 4 des MuSchG verschiedene Situationen, in denen werdende Mütter nicht beschäftigt werden dürfen. Dies gilt dann natürlich nicht nur für den Hauptarbeitgeber, der die werdende Mutter bei einem Beschäftigungsverbot von der Arbeit freistellen muss, sondern auch für Nebentätigkeiten. Die von der Hauptarbeit Freigestellte darf natürlich nicht die gewonnene "Freizeit" nutzen, um anderweitig Tätigkeiten nachzukommen, die wiederum dem MuSchG widersprechen würden.

    Gleiches gilt für das Beschäftigungsverbot nach der Entbindung (§ 6 MuSchG) sowie das Verbot der Mehr-, Nacht- und Sonntagsarbeit (§ 8 MuSchG).

  • Krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit (Entgeltfortzahlungsgesetz, EFZG)

    Wird ein Arbeitnehmer krank und kann demzufolge seiner Arbeit nicht mehr nachgehen, so regelt § 3 Abs. 1 des Entgeltfortzahlungsgesetzes, dass er Anspruch auf Fortzahlung seines Lohnes für die Dauer von sechs Wochen hat.

    Wie schon das Bundesurlaubsgesetz verbindet jedoch auch das Entgeltfortzahlungsgesetz mit der Pflicht des Arbeitgebers zur Weiterzahlung des Lohns gleichzeitig die Pflicht des Arbeitnehmers, sich während der krankheitsbedingten "Freizeit" so zu verhalten, dass eine Regeneration und gesundheitliche Zustandsbesserung eintritt. Er ist also verpflichtet, sich "genesungsförderlich" zu verhalten und alles zu unterlassen, was den Heilungsprozess verschleppen oder gar verhindern würde.

    Der kranke Arbeitnehmer ist aber nicht verpflichtet, "ans Krankenbett gefesselt" zu Hause zu bleiben, wenn dies nicht erforderlich ist.

    Beispiel: Verletzt sich der LKW-Fahrer am Fuß, so dass er das Gaspedal nicht mehr bedienen und somit seinen LKW nicht mehr sicher führen kann, so ist er nur dazu verpflichtet, Tätigkeiten zu unterlassen, die die Gesundung des Fußes beeinträchtigen würden. Er kann aber durchaus sitzende Tätigkeiten verrichten und beispielsweise eine Nebentätigkeit ausüben, bei der er über das Internet Waren verkauft.

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Anzeigenpflicht

Eine Anzeigepflicht für Nebentätigkeiten besteht grundsätzlich nur dann, wenn der Arbeitsvertrag oder ein möglicherweise anwendbarer Tarifvertrag dies vorsieht. Hierbei sind auch Klauseln zulässig, die eine generelle Anzeigepflicht von Nebentätigkeiten vorsehen. Hierin ist noch kein Verstoß gegen die berechtigten Interessen des Arbeitnehmers zu sehen, vielmehr steht es auf Grund der Vertragsfreiheit jedem Arbeitnehmer frei, eine entsprechende Klausel im Arbeitsvertrag zu akzeptieren oder zu monieren. Zwar liegt ein Eingriff in die Privatsphäre des Arbeitnehmers vor, dieser ist jedoch als sehr gering anzusehen, da sich der Arbeitgeber lediglich eine Überprüfung der Nebentätigkeit auf ihre Verbindlichkeit mit der Haupttätigkeit vorbehält, aber noch keine endgültige Aussage trifft, ob er Nebentätigkeiten zulässt oder nicht.

In allen anderen Fällen muss der Arbeitnehmer eine Nebentätigkeit seinem Hauptarbeitgeber nur dann anzeigen, wenn die Nebentätigkeit berechtigte Interessen des Hauptarbeitgebers bedrohen würde. Hierunter fallen nicht nur mögliche Konkurrenzsituationen, sondern auch Verstöße gegen Gesetze.

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