Damoklesschwert "Abmahnung": Abmahngefahr und Reaktionsmöglichkeiten für Webseite-Betreiber
Rechtsanwaltskosten
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Die Rechtsanwaltskosten
Die Rechtsprechung billigt dem Verletzten bei einer berechtigten Abmahnung regelmäßig einen Anspruch auf Erstattung der ihm entstandenen Abmahnkosten zu. Der entsprechende Anspruch wird dann auf die Grundsätze der sog. Geschäftsbesorgung ohne Auftrag gemäß § 683 BGB gestützt oder er ergibt sich aus einer ggf. einschlägigen spezialgesetzlichen Regelung, bei wettbewerbs- oder urheberrechtlichen Sachverhalten etwa aus § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG bzw. § 97 Abs. 1 des Urheberrechtsgesetzes (UrhG).
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Die Gebühren, die für die Abmahnung geltend gemacht werden, kann der Rechtsanwalt grundsätzlich nicht beliebig selbst bestimmen. Denn die Gebührentatbestände sind gesetzlich im Rechtsanwaltsvergütungsgesetz geregelt. Danach wird im Regelfall stets eine 1,3-fache sog. Geschäftsgebühr fällig.
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Der Vergütungstatbestand ist allerdings nur einer von zwei Berechnungsfaktoren: Für die Höhe der Kosten ist daneben immer der sog. Streitwert maßgeblich. Denn der bestimmt die Höhe der im Einzelfall anhand einer Tabelle zu ermittelnden konkreten Gebühr, auf die der o.g. Gebührenfaktor dann angewendet wird.
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Es kommt also im Normalfall nie darauf an, wie viel gedankliche Arbeit sich ein Anwalt mit der Abmahnung machen musste oder wie lange er daran gesessen hat, sondern nur darauf, um wie viel es bei der jeweiligen Rechtsverletzung für den Verletzten geht.
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Geschäftsgebühr
Wie aufwändig die Sache für den Anwalt war, spielt u. U. aber dann eine Rolle, wenn eine Vielzahl von Abmahnungen wegen des stets gleichen Sachverhalts an eine Vielzahl von Verletzern verschickt wird. Hier wird man davon ausgehen können, dass der Ansatz einer 1,3-fachen Geschäftsgebühr für jeden dieser Einzelfälle nicht gerechtfertigt ist und stattdessen ein deutlich verringerter oder gar auf den Mindestwert von 0,5 herabgesetzter Faktor angemessen ist.
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Für Internet-Streitigkeiten variiert die gerichtserprobte Streitwertskala je nach Anlass momentan zwischen 3.000 und 50.000 Euro. Bei Urheberrechtsverletzungen und insbesondere bei der Verletzung gewerblicher Schutzrechte (insbesondere Markenrechte) sind jedoch die Streitwerte meist deutlich höher und bewegen sich meistens mindestens im Bereich von 50.000 Euro aufwärts; häufig nicht unter 100.000 Euro. Somit können schnell Anwaltskosten im vierstelligen Bereich anfallen.
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Der Verletzer ist zur Zahlung jedoch nur verpflichtet, wenn es sich um eine berechtigte Abmahnung handelt, wie sich für Wettbewerbssachen aus § 8 Abs. 4 UWG ergibt. Hierauf ist ein besonderes Augenmerk zu richten, da die Anzahl unberechtigter Abmahnungen groß ist.
Diese Norm aus dem UWG enthält den Grundgedanken, dass eine Abmahnung rechtsmissbräuchlich ist, wenn sie nur zu dem Zweck erfolgt, sich an den Kosten für die Rechtsverfolgung zu bereichern. Er lässt sich auch auf den nichtwettbewerbsrechtlichen Bereich übertragen; jedenfalls greift in derartigen Fällen stets der Einwand des Rechtsmissbrauchs gem. § 242 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB).
Das OLG Hamm, Urteil vom 24. März 2009 (Az. 4 U 211/08), etwa hat in einem zwischen eBay-Händlern ausgetragenen Rechtsstreit entschieden, dass schon der Versand von zwölf Standardabmahnungen wegen fehlerhafter Widerrufsbelehrungen rechtsmissbräuchlich sein kann.
Als wesentliches Indiz für die Rechtsmissbräuchlichkeit der Abmahnung sah das Gericht dabei den im Verhältnis zur Abmahntätigkeit geringen Umsatz des "Verletzten" im gleichen Zeitraum an.
Andere Indizien sind neben der oft schon recht aufschlussreichen äußeren Form der Abmahnung (Serienschreiben mit sachlich unpassenden oder unvollständigen, häufig auch inhaltlich völlig "überladenen" Textbausteinen), auch überhöhte Gebührenforderungen oder unangemessen kurze Fristen, um den Abgemahnten unter Druck zu setzen.
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"Serienbriefe"
Allerdings begründet die Tatsache allein, dass es sich erkennbar um ein "Massenschreiben" handelt, nicht schon Rechtsmissbrauch. Selbstverständlich muss sich ein Verletzter auch gegen eine Vielzahl von stets gleichartigen Verstößen vieler verschiedener Verletzer wehren dürfen. Auswirkung hat dieser Umstand aber u. U. auf die Frage, wie hoch die zu erstattenden Kosten sein dürfen.
Eine andere Form missbräuchlichen Vorgehens ist gegeben, wenn der Sachverhalt, der zur Abmahnung führt, selbst geschaffen wurde, um dann abzumahnen.
Bekannte Beispiele in der Vergangenheit waren die Anmeldungen von sog. Wortmarken, die direkte Ähnlichkeit mit Namen bereits bestehender Websites hatten, um dann kostenpflichtige Abmahnungen gegen die Websitebetreiber auszusprechen oder auch ein EU-Patent auf Kfz-Kennzeichen, mit dessen Hilfe vor einigen Jahren einmal Anbietern die Nutzung von Städtekürzeln in Domainnamen kostenpflichtig verboten werden sollte.
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Ebenso kann es rechtsmissbräuchlich sein, wenn mit der Abmahnung künstlich das Kostenrisiko für den Abgemahnten in die Höhe getrieben wird, indem z. B. eine Abmahnung gleich für mehrere, zum gleichen Konzern gehörende Unternehmen ausgesprochen wird.
Das Landgericht Bonn, Urteil v. 03.01.2008 (Az. 12 O 157/07) hat in einem Fall, bei dem ein lediglich regional geschäftlich tätiges Unternehmen diverse Anträge auf Erlass von einstweiligen Verfügungen wegen Verstößen gegen Informationspflichten gegen zahlreiche, an unterschiedlichen Orten des Bundesgebiets ansässige Firmen beantragt hatte, exemplarisch formuliert, woran sich eine missbräuchliche Absicht ggf. festmachen lässt:
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"Gerade die Vielzahl der Verfahren, die nur die "Spitze des Eisbergs" darstellen, lässt doch wohl die Fragestellung als berechtigt erscheinen, was einen mittelständischen Betrieb wie die Fa. L. GmbH veranlasst haben mag, anstatt Motoren instandzusetzen, die Erfüllung von Hinweispflichten und dergleichen in Internetauftritten von Wettbewerbern in einer Vielzahl von Verfahren überprüfen zu lassen und mit nicht unerheblichem Kostenrisiko zum Gegenstand zahlreicher gerichtlicher Verfahren zu machen."
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Doch auch bei berechtigten Abmahnungen ist der Abgemahnte nicht in jedem Fall verpflichtet, die Kosten für die Einschaltung eines Rechtsanwalts zu übernehmen: Die Kosten der Rechtsverfolgung sind nicht ersatzfähig, wenn der Abmahnende sie nicht für erforderlich halten durfte.
Wurde beispielsweise die Abmahnung in einer Vielzahl gleich gelagerter Fälle bei rechtlich unkomplizierten Sachverhalten auf die stets gleiche Weise ausgesprochen, so fehlt es an der Erforderlichkeit für die Einschaltung eines Rechtsanwalts jedenfalls dann, wenn dem Abmahner eine eigene Abwicklung ohne weiteres zumutbar und möglich war (etwa, weil er eine eigene Rechtsabteilung hat, vgl. AG Ebersberg, Urteil v. 11.10.2004 ( Az.: 2 C 719/04), oder weil sich die Abmahnung als Teil einer Serienabmahnung gleich gelagerter Fälle darstellt, die ebenso gut durch einen von der Partei versandten Musterbrief hätte erledigt werden können, OLG Düsseldorf, Urteil v. 02.02.2001 (Az.: 20 U 194/00).
Des Weiteren besteht kein Anspruch auf Anwaltskostenerstattung gegen den Abgemahnten, wenn die Abmahnung durch einen Gewerbe- oder Verbraucherschutzverein erfolgt, da dieser ausreichend qualifiziert besetzt sein muss, um diese Angelegenheiten selbständig und ohne Hinzuziehung eines Rechtsanwalts bewältigen zu können.
Die Geltendmachung eines Aufwendungsersatzes - anerkannt sind hier Beträge zwischen ca. 150 und 300 Euro - bleibt dem Wettbewerbsverein (aber z. B. auch Handelskammern) jedoch vorbehalten. Nicht zulässig wiederum ist es, wenn durch derartige Verbände von vornherein Kosten in Höhe der Anwaltsgebühren des RVG geltend gemacht werden.
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Die Kostenerstattung bei ungerechtfertigter Abmahnung
Es stellt sich natürlich auch die Frage, ob die eigenen Kosten bei einer unberechtigten Abmahnung eingefordert werden können. Nicht selten hat sich schließlich der zu Unrecht Abgemahnte selbst eines juristischen Beistandes bedient, den er bezahlen muss.
Handelte es sich um eine nachweislich missbräuchliche Abmahnung, können dem Abgemahnten Schadensersatzansprüche entstehen wegen eines Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb aus §§ 823 Abs. 1 BGB zustehen, ggf. aus § 826 BGB (bei vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung) sowie aus § 823 Abs. 2 BGB (wenn z. B. ein Fall der Nötigung oder des Betruges vorliegt).
Möglich ist aber in erster Linie die Geltendmachung der Kosten wegen Geschäftsführung gegen den Willen des Auftraggebers gem. § 678 BGB: Wer eine willkürliche und unbegründete Abmahnung durch einen beauftragten Rechtsanwalt ausspricht, muss u. a. damit rechnen, dass sich der Angegriffene anwaltlich zur Wehr setzt. Diese Kosten sind dann von ihm zu ersetzen.
Dennoch verbleibt ein Ungleichgewicht: Während der Abgemahnte seine Kosten nur erstattet bekommt, wenn er dem Abmahnenden offensichtliche Willkür oder Rechtsmissbrauch nachweisen kann, genügt andersherum ein objektiver Verstoß, ohne dass der Abgemahnte von seinem Fehlverhalten Kenntnis zu haben braucht.