Damoklesschwert "Abmahnung": Abmahngefahr und Reaktionsmöglichkeiten für Webseite-Betreiber

Abmahnung und Abmahnbefugnis

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Abmahnung und Abmahnbefugnis

In den virtuellen Geschäftsräumen vieler Onlineanbieter tummeln sich auch weniger gern gesehene Gäste: Sowohl Mitbewerber, die sich wegen der Verletzung einer eigenen Rechtsposition gestört fühlen, als auch "elektronische Raubritter", die das Internet gezielt nach "abmahnwürdigen" Inhalten durchsuchen, rücken Webseite-Betreibern auf den Pelz. Rechtsanwalt Jan A. Strunk erklärt, wie Sie sich dagegen wehren können.

Die virtuelle Ladentheke im Internet ist für viele Händler und Dienstleister mittlerweile unverzichtbar geworden. Zu reizvoll ist die Möglichkeit, sich zu präsentieren und die eigenen Leistungen und Angebote einer unabsehbaren Zahl von Interessenten anzubieten.

Doch wo viel Licht, ist auch viel Schatten: Durch die allgemeine Zugriffsmöglichkeit auf die Webseiten und die gute Nachweisbarkeit von Inhalten kommen auch weniger gern gesehene Gäste: Sowohl Mitbewerber, die sich wegen der Verletzung einer eigenen Rechtsposition gestört fühlen, als auch "elektronische Raubritter", die das Internet gezielt mit technischen Hilfsmitteln nach "abmahnwürdigen" Inhalten durchsuchen, so Kenntnis von Rechtsverstößen erlangen und zur Abmahnung nutzen.

Mögliche Anlässe für eine Abmahnung sind zahlreich, zumal selbst die gutwilligsten Anbieter durch die zahlreichen und teils nicht sehr einfach nachzuvollziehenden gesetzlichen Anforderungen häufig überfordert sind.

Aus den in der Praxis häufig auftretenden Sachverhalten haben sich folgenden Schwerpunkte herauskristallisiert:

  • Wettbewerbsverstöße,

  • Verletzungen von Urheber- und Markenrechten,

  • Verstöße gegen das Fernabsatzrecht,

  • Verstöße gegen Informationspflichten.

Die Abmahnung

Die Abmahnung ist eine Aufforderung, eine Rechtsverletzung zu unterlassen. Es handelt sich hierbei um ein außergerichtliches Schreiben des Verletzten, welches dem Abgemahnten die Möglichkeit bietet, die Entscheidung eines Gerichts über den gegen ihn gerichteten Unterlassungsanspruch zu umgehen.

Das Ganze dient also grundsätzlich einem durchaus vernünftigen Zweck. Der Verletzte selbst ist sogar im eigenen Interesse gehalten, erkannte Verstöße erst einmal außergerichtlich zu beanstanden: Zieht er ohne vorherige Abmahnung vor Gericht und erkennt der Verletzer den geltend gemachten Anspruch dann sofort an, muss nämlich der Kläger gemäß § 93 ZPO die Kosten tragen.

Die Abmahnung bedarf keiner besonderen Form. In den meisten Fällen wird sie in Briefform oder per Telefax eintreffen.

Telefonische Abmahnung

Auch einer lediglich telefonischen Abmahnung sollte man Aufmerksamkeit schenken, denn nach einer Entscheidung des OLG München, Urteil v. 01.04.97 (Az.: 29 W 1034/97) kann die Abmahnung auch fernmündlich erfolgen. Außer dem Problem des Nachweises hat der Abmahnende hierbei jedoch ganz besonders die Pflicht, den Sachverhalt und den Inhalt seines Unterlassungsanspruchs hinreichend genau zu schildern.

Inhaltlich gibt es keine Vorgaben, es muss aber zumindest die gerügte Handlung in der Art und Weise dargestellt werden, dass der Abgemahnte erkennen kann, welche Rechtsverletzung ihm vorgeworfen wird. Der Vorwurf muss für ihn somit tatsächlich und rechtlich nachvollziehbar sein.

Grundsätzlich gilt, dass die Abmahnung den Abgemahnten über die vorgeworfene Rechtsverletzung zunächst einmal informieren soll, da er in vielen Fällen noch keine Kenntnis von seinem Verstoß hat.

Die Abmahnung wird regelmäßig mit einer strafbewehrten Unterlassungserklärung einhergehen: Die Unterzeichnung dieser Unterlassungserklärung durch den Empfänger soll gewährleisten, dass es nicht zu weiteren Verstößen kommt.

Abmahnender und Abgemahnter schließen dadurch einen Vertrag, in dem sich letzterer dazu verpflichtet, eine empfindliche Geldstrafe zu zahlen für den Fall, dass er den gerügten Wettbewerbsverstoß erneut begeht. Als Gegenleistung unterlässt der Abmahnende gerichtliche Schritte und der Rechtsstreit ist außergerichtlich beendet.

Zudem erhält der Abgemahnte regelmäßig mit der Abmahnung und der Unterlassungserklärung eine Kostennote, mit der die Anwaltskosten geltend gemacht werden. Zu diesen Kosten später noch etwas näher.

Neben der Androhung gerichtlicher Schritte für den Fall der Nichtunterzeichnung der Unterlassungserklärung beinhaltet die Abmahnung stets noch eine Frist, nach deren Ablauf gerichtliche Schritte eingeleitet werden.

Da es dem Abmahnenden um eine schnelle Unterlassung geht, wird diese Frist immer sehr kurz bemessen sein, regelmäßig nur 3 Tage bis maximal 2 Wochen. In Ausnahmefällen kann die Frist aber auch nur ein paar Stunden betragen. Eine zu kurz bemessene Frist führt jedoch nicht zur Unwirksamkeit der Abmahnung. Vielmehr ist der Abgemahnte verpflichtet, innerhalb einer angemessen erscheinenden Frist zu reagieren.

Erfolgt auf eine Abmahnung hin keine Reaktion, wird der Abmahnende in der Regel den Erlass einer einstweiligen Verfügung gemäß § 935 ZPO beantragen. Hierbei handelt es sich um ein gerichtliches Verfahren, bei dem - normalerweise ohne Anhörung der Gegenpartei - geprüft wird, ob ein Rechtsverstoß vorliegt und ob der Abmahnende die tatsächlichen Umstände hinreichend glaubhaft macht. Auf diese Weise kann er sich in einem summarischen, schnellen Verfahren seinen Anspruch sichern. Der Abmahnende erhält somit einen rechtskräftigen Titel, der nur vom Gericht wieder beseitigt werden kann.

Abmahnbefugnis

Sofern eigene Rechte betroffen sind, ist der unmittelbar Verletzte (also z. B. der Urheber, der Markeninhaber, der in seinem Geschäftsbetrieb Beeinträchtigte etc.) selbstverständlich zur Abmahnung berechtigt.

Trau, Schau, Wem

Hier sollte man allerdings stets einen genauen Blick auf die eingegangenen Unterlagen werfen und sich ggf. auf geeignetem Weg über die Person des Gegners informieren: Gefälschte Vollmachten oder falsche Anwalts-Briefköpfe sind schon häufig vorgekommen!

Fehlt bei einem anwaltlichen Schreiben die schriftliche erteilte Vollmacht, hat der Abgemahnte Anspruch auf Vorlage des Originals.

Allerdings hat das Fehlen - anders als etwa bei einer Kündigung - keinerlei Auswirkungen auf die Wirksamkeit der Abmahnung. Der Abmahnende darf jedoch keine weiteren Maßnahmen gegen den Verletzer einleiten (also insbesondere keine einstweilige Verfügung beantragen), solange er seine Legitimation nicht ordnungsgemäß nachgewiesen hat.

Bei Wettbewerbsverletzungen können gem. § 8 Abs. 3 Nr. 1 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) Mitbewerber sowie gem. § 8 Abs. 3 Nrn. 2-4 UWG auch Verbraucherschutzverbände, neben diesen auch sog. "qualifizierte Einrichtungen" gem. § 4 des Gesetzes über Unterlassungsklagen bei Verbraucherrechts- und anderen Verstößen (UklaG) sowie IHKs und Handwerkskammern unter den gesetzlich näher ausgeführten Voraussetzungen gegen den Verletzer vorgehen.

Unter dem Deckmantel der zuletzt genannten Vorschriften wird allerdings hin und wieder auch gewaltig Missbrauch getrieben: Während kostenpflichtig abmahnende, dubiose und angebliche Verbraucherschutzorganisationen mittlerweile nicht mehr so oft auf den Plan treten, gibt es nach wie vor immer mal wieder "Wettbewerber", die tatsächlich nur gewerblich in Erscheinung treten, um unter Berufung auf ihre angebliche Mitbewerbereigenschaft andere Unternehmer abzumahnen.

Bei einem derartigen Verdacht lohnt das nähere Hinsehen: § 2 Abs. 1 UWG verlangt für den Status eines Mitbewerbers ein "konkretes" Wettbewerbsverhältnis. Die obergerichtliche Rechtsprechung hat dies dahingehend konkretisiert, dass das Wettbewerbsverhältnis sowohl räumlich, als auch sachlich und zeitlich bestehen muss.

Hierzu muss z. B. eine auf Dauer angelegte geschäftliche Betätigung von einigem Umfang vorliegen, die eine gewisse Organisation erfordert und auch mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben wird. Die Tatsache, dass jemand ein Gewerbe angemeldet hat, bedeutet allein noch nicht, dass er Mitbewerber ist. Auch führt die Tatsache, dass beide Anbieter im Internet ihr Geschäft bewerben (ihr Angebot folglich von überall aus abrufbar ist), nicht automatisch dazu, dass ein räumliches Wettbewerbsverhältnis anzunehmen wäre.

Das Vorliegen der Voraussetzung "Mitbewerber" hat im Streitfall der Abmahner nachzuweisen. Gerichte haben hierzu zuletzt wiederholt verlangt, dass der Abmahner ggf. Geschäftsdaten wie etwa die Größe seines Kundenstamms, die Anzahl der jährlichen Geschäftsvorgänge oder auch Umsatzzahlen darlegt und glaubhaft macht bzw. nachweist.