Damoklesschwert "Abmahnung": Abmahngefahr und Reaktionsmöglichkeiten für Webseite-Betreiber

Abgemahnt - was tun?

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Abgemahnt - was tun?

Abmahnung erhalten? Was Sie nun tun sollten

Bleibt die Frage zu klären, wie auf eine eingetroffene Abmahnung zu reagieren ist. Sicher ist: Einer Reaktion bedarf es in jedem Fall, auch wenn die Abmahnung als offensichtlich unbegründet oder rechtsmissbräuchlich erscheint.

Denn selbst eine möglicherweise rechtsmissbräuchliche Abmahnung wird - indirekt - wirksam, wenn man sich nicht gegen sie zur Wehr setzt und der Abmahner auf ihrer Grundlage eine einstweilige Verfügung erwirkt. Damit ist erst einmal ein Vollstreckungstitel in der Welt, der erst wieder beseitigt werden muss!

Und mit einem Schweigen auf die Abmahnung hat man zumindest schon mal schlüssig erklärt, an einer außergerichtlichen Klärung nicht interessiert zu sein.

Die einfachste Alternative ist natürlich, die Unterlassungserklärung anstandslos zu unterschreiben und die Kosten zu zahlen. Diese Option ist allerdings nur in den Ausnahmefällen zu empfehlen, in denen offensichtlich ist, dass der erhobene Vorwurf richtig ist oder trotz Unrichtigkeit des Vorwurfs unternehmensrelevante Gründe (Kundenbeziehungen, öffentliches Aufsehen o. ä.) vorliegen und hinsichtlich des Streitgegenstandes kein übermäßiges eigenes Interesse besteht.

In vielen Fällen, namentlich insbesondere solchen, in denen Zweifel an der Abmahnbefugnis bestehen, lohnt es sich, nachzuhaken bzw. nachhaken zu lassen.

Stellt sich heraus, dass es sich tatsächlich um eine rechtsmissbräuchliche oder unbegründete Abmahnung handelt, bietet sich die Möglichkeit, den Abmahnenden mit einer Gegenabmahnung oder einer negativen Feststellungsklage in Anspruch zu nehmen.

negative Feststellungsklage

Die negative Feststellungsklage ist jedoch nur bei zu vermutender hinreichender Solvenz des Gegners ratsam: Die meisten unseriösen Serienabmahner mahnen schließlich ab, weil sie kein Geld haben. Damit besteht die Gefahr, dass man ein Verfahren gewinnt - und sämtliche Kosten im Ergebnis selbst trägt ...

Scheut man hingegen den Weg zum eigenen Rechtsanwalt, bleibt die Möglichkeit, den kostengünstigsten Weg zu wählen, indem man die Unterlassungserklärung unterzeichnet und auch die Vertragsstrafe für jeden Fall der Zuwiderhandlung akzeptiert, jedoch die Übernahme der Kosten verweigert. Man muss sich dabei allerdings darüber im Klaren sein, dass man dann dazu verpflichtet ist, das beanstandete Verhalten künftig vollständig zu unterlassen, ohne dass es hierfür auf die wirkliche Rechtslage ankommt - und man muss auch dazu in der Lage sein, das Unterlassen auch tatsächlich sicherstellen zu können, da ansonsten beim nächsten Verstoß zwingend die Vertragsstrafe zu zahlen ist.

Üblicherweise gibt man die Unterlassungserklärung ausdrücklich "ohne Anerkennung einer Rechtspflicht, gleichwohl rechtsverbindlich" ab.

Der Hauptanspruch des Abmahnenden ist damit erfüllt, die Kosten müsste er in einem selbständigen Verfahren einklagen. In diesem Rechtsstreit wäre der Streitwert jedoch erheblich vermindert, da es lediglich um die Rechtsanwaltskosten geht, so dass sich auch die anfallenden Gebühren und das Prozessrisiko dementsprechend drastisch reduzieren.

Vertragsstrafeversprechen

Ohne die Abgabe auch des Vertragsstrafeversprechens fehlt es bei bereits begangenem Verstoß nach ständiger Rechtsprechung regelmäßig an der notwendigen Ernsthaftigkeit der Unterlassungsverpflichtung. Es reicht also nicht aus, sich lediglich zur Unterlassung zu verpflichten!

Der Verletzte kann nur Unterlassung der in der Unterlassungserklärung konkret bezeichneten Verletzungshandlung und sog. wesensgleicher Verstöße verlangen. Oft sind vorformulierte Unterlassungsverpflichtungserklärung viel zu weitgehend. Es empfiehlt sich daher, stets zu prüfen, ob nicht besser eine eigene Erklärung formuliert werden soll.

Auch die Höhe der Vertragsstrafe für den Fall der Zuwiderhandlung wird häufig bewusst zu hoch angesetzt. Man sollte dies ggf. ändern.

"Hamburger Brauch"

Üblich geworden ist ein Vertragsstrafeversprechen in der Form des sog. "modifizierten Hamburger Brauchs": Dabei wird vereinbart, dass im Verletzungsfall der Verletzte eine angemessene Vertragsstrafe festsetzt und dass bei Streit über die Angemessenheit der festgesetzten Vertragsstrafe ein bestimmtes Gericht über die Angemessenheit zu entscheiden hat.

Und zuletzt: Es lohnt sich sehr häufig, in Fällen der Abmahnung durch einen (angeblichen) Wettbewerber dessen eigene Internetpräsenz einer fachkundigen kritischen Überprüfung zu unterziehen: Bieten - was bei unseriösen Anspruchstellern häufig ist - dessen Seiten ihrerseits Anlass zur Beanstandung, kann mit einer eigenen Abmahnung reagiert werden, wodurch rechnerisch häufig das Kostengleichgewicht ggf. wieder hergestellt werden kann.

Denn auf einen etwaigen eigenen Erstattungsanspruch müsste sich der Gegner ja nun die Kosten anrechnen lassen, die er selbst dem Abgemahnten für dessen Abmahnung zu erstatten hat.

Nach der obergerichtlichen Rechtsprechung sind solche "Retourkutschen" grundsätzlich zulässig, sofern beide Parteien in einem direkten Wettbewerbsverhältnis stehen und das gegenseitige Verhalten regelmäßig beobachten sowie regelmäßig auch in Fällen, in denen ein "gleichartiges und gleichwertiges Verhalten" angegriffen wird, also z. B. das ebenfalls nicht korrekte Impressum des Gegners beanstandet wird.

Diese Konstellation hat schon so manchen Angreifer dazu gebracht, sich mit der Unterlassungserklärung zufriedenzugeben ...

Zum Weiterlesen: Abmahnung und Haftung

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