Sensibelchen, Angeber, Intriganten: Wie Sie mit schwierigen Kolleg(inn)en umgehen

Angeber, Intriganten & Sie selbst

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Angeber, Intriganten & Sie selbst

Mr. Call-Center

Dieses Call-Center ist keine Abteilung, sondern nur ein einzelner Mitarbeiter, der so unerträglich laut telefoniert, dass alle um ihn herum in die Tischplatte beißen könnten. An vernünftige Arbeit ist nicht zu denken, an ungestörtes eigenes Telefonieren schon mal gar nicht.

Vielleicht haben Sie es ihm (hier handelt es sich fast nur um Männer) schon ein paar Mal gesagt und er hat auch zugegeben, dass er um sein lautes Telefonieren weiß? Das ist schön, ändert aber leider überhaupt nichts an dem Problem. Während er telefoniert, vergisst er alles um sich herum - auch seine guten Absichten.

Es führt kein Weg daran vorbei, dass er in eine "Telefonzelle" gehen muss. Da er nicht für jeden Anruf rausgehen kann, braucht er ein eigenes Büro.

Zwangsmithören

Es gibt erstaunlicherweise immer noch Neubauten mit Großraumbüros - trotz der seit Jahrzehnten bekannten Nachteile. Ein einziger solcher Laut-Telefonierer kann da locker 50 Kollegen die Arbeit zur Hölle machen. Wenn die Vorgesetzten im gleichen Raum sitzen, ist die Diskussion noch recht einfach.

Abteilungsleiter erhalten aber ein eigenes Büro, damit sie in Ruhe arbeiten können. Da fragt man sich doch, was dann für die übrigen Mitarbeiter als Konzept vorgesehen ist: nicht in Ruhe arbeiten?

Angeber, Bauernfänger, Besserwisser, Blender, Schwätzer

Je mehr diese Kollegen prahlen - mit fachlichen Leistungen ebenso wie mit dem letzten Wochenende - desto dringender suchen sie nach Anerkennung. Die Erkenntnis, dass es sich dabei eigentlich um arme Würstchen handelt, erspart Ihnen leider nichts davon, dass dieser Zirkus sehr lästig ist.

Vor allem wird die "fishing for compliments"-Tour immer weiter verlängert, wenn Sie nicht reagieren. Nutzen Sie deshalb ruhig einen frühen Zeitpunkt, um dem tollen Hecht seine unverdiente Anerkennung zukommen zu lassen. Dabei ist es völlig egal, wie dick aufgetragen Ihre Begeisterung ist, hier zählt Masse statt Klasse.

Wenn er sich gar nicht stoppen lässt, müssen Sie seine Redeflut wenigstens kanalisieren. Möglicherweise beginnen Sie den Arbeitstag mit einer ritualisierten Erzählzeit, fragen also die Highlights direkt ab, während Sie den Mantel aufhängen, die Kaffeemaschine bestücken oder den Rechner hochfahren.

Abservieren

Hilfsweise können Sie bei einzelnen Themen abblocken, so dass er wenigstens merkt, dass hier keine Lorbeeren zu ernten sind. Ich bin beispielsweise so dermaßen uninteressiert an Sport, dass es hoffnungslos ist, von mir Begeisterung für fußballerische Leistungen zu erhoffen.

Ihr Kollege hat am Wochenende den Lamborghini von seinem Schwager über die Autobahn gehetzt ("Was verbraucht der denn auf 100 km?"), an der coolsten Grillparty Europas teilgenommen ("10 Grad wären mir ja zu kalt zum Rumstehen draußen...") oder hat den steilsten Climbing-Überhang gemeistert ("Ich war früher auch gerne mit meiner Tante im Elbsandsteingebirge wandern.")?

Ein tödlicher Abtörnsatz, der auch dem schneidigsten Aufschneider die Luft ablässt und den Wind aus den Segeln nimmt, findet sich immer.

Oder Sie entdecken mitten in der Erzählung eine wichtige E-Mail, die Sie dann doch leider genau jetzt dringend beantworten müssen. Vielleicht haben Sie sogar Glück und werden angerufen.

Sabbern, schleimen, speichellecken: der Intrigante

In den meisten Firmen gibt es wenigstens einen Kollegen, der sein Fähnchen in den Wind hängt. Er beurteilt alle danach, wie sie ihm nützen können. Das mag eine Zeitlang gut gehen, aber irgendwann hat jeder gemerkt, dass er sich nicht auf ihn verlassen kann, oder ist sogar schon von ihm ausgetrickst worden.

Ab dann tritt seine zweite Phase in Kraft: nach oben buckeln, zur Seite treten. Er ist weiterhin freundlich zu allen, damit er genug Informationen erhält, die er ausnutzen kann. Wenn es geht, verkauft er sie Ihrem Chef als eigene Idee. Hat Ihr Projekt einen Rückschlag erlitten, wird er nicht müde, das reichlich zu erwähnen.

Hier hilft nur, offen darüber zu reden, dass ein solcher Umgang nicht in Ihrer aller Interesse liegt und der Firma schadet. Sie können durchaus darauf hinweisen, dass Sie sich unfair behandelt fühlen und das auch mit Beispielen belegen. Allerdings sollten Sie vorsichtig damit sein, sich zum Sprecher aller zu machen, denn vielleicht gehen die anderen doch lieber auf Tauchstation bei solchen Konfrontationen. Dann stünden sie alleine da und hätten sich unfreiwillig isoliert.

Eingeknickt

Den Schleimer gibt es auch eine Ebene höher, wenn Ihr direkter Chef Sie bei Druck von oben einfach im Regen stehen lässt. Egal, welche (unrealistischen) Vorgaben die Firmenleitung macht, es ist seine Aufgabe, das in machbare und konkrete Arbeitsziele für Sie umzusetzen. Notfalls muss er eben mehr Ressourcen einfordern, anstatt Ihnen seinen Druck einfach auch noch aufzubürden.

Diese so genannte "Sandwich"-Position (eingeklemmt zwischen oben und unten) als mittlerer Abteilungsleiter erfordert Rückgrat, sonst wird man zur Schnecke gemacht: Mit einer Schleimspur, die sich durch die ganze Abteilung zieht.

Und Sie? Wer, ich? Ja, genau Sie!

"Warum siehst du den Splitter im Auge deines Bruders, aber den Balken in deinem Auge bemerkst du nicht?" heißt es in der Bergpredigt. Bei allem Ärger über die merkwürdigen Kollegen, mit denen Sie zusammenarbeiten müssen, sollten Sie daher nicht vergessen, dass Sie auch ein Kollege sind.

Vielleicht haben Sie auch die eine oder andere Marotte, die die anderen nervt. Bevor Sie also ein allzu vernichtendes Urteil über die Kollegen fällen, lohnt sich ein ehrlicher Blick in den Spiegel. Zusammen zu arbeiten bedeutet, dass jeder Kompromisse machen muss. Fangen Sie am besten bei sich selber an, dann fällt es anderen leichter.

Fazit

Die lieben Kollegen sind nicht immer so lieb, wie Sie es gerne hätten. Es finden sich eigentlich immer wieder die gleichen Typen, die Sie nerven. Machen Sie das Beste daraus, aber vergessen Sie nicht, bei sich selbst mit Veränderungen anzufangen!