Pfändungsschutz
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Um Schuldnern zu ermöglichen, am bargeldlosen Zahlungsverkehr teilzunehmen, und um zu verhindern, dass insbesondere selbstständige Schuldner nach einer Kontopfändung in ihrer Handlungsfähigkeit stark eingeschränkt werden, hat der Gesetzgeber den Kontenpfändungsschutz ab 1. Juli 2010 beträchtlich erweitert. Die Reformen sollen einen einheitlichen Kontenpfändungsschutz bewirken, der nicht mehr von der Art der Einkünfte abhängig ist.
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Wie kann ich mich ab Juli 2010 gegen eine Kontenpfändung wehren?
In einer Übergangszeit vom 01.07.2010 bis zum 31.12.2011 können Sie beim Vollstreckungsgericht beantragen, dass
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entweder die Pfändung des Guthabens aufgehoben wird oder
die Pfändung für eine Dauer von bis zu zwölf Monaten ruht.
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Ab 1. Januar 2012 dann können Sie nur noch das Ruhen der Pfändung beantragen.
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Damit Ihrem Antrag Erfolg beschieden ist, müssen Sie nachweisen, dass auf dem Konto in den letzten sechs Monaten vor Antragstellung hauptsächlich unpfändbare Beträge eingegangen sind (dazu weiter unten mehr). Und Sie müssen glaubhaft machen, dass sich dies auch innerhalb der nächsten zwölf Monate nicht ändern wird.
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Achtung: Das Gericht kann Ihren Antrag ablehnen, wenn diesem sog. "überwiegende Belange des Gläubigers" entgegenstehen (auch dazu weiter unten mehr). Der Kontoschutz kann außerdem aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen nicht mehr vorliegen.
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Was muss ich tun, wenn ich die Aufhebung der Kontenpfändung beantragen möchte?
Zunächst müssen Sie nachweisen, dass Ihrem Konto in den letzten sechs Monaten ausschließlich unpfändbare Beträge gutgeschrieben wurden. Unpfändbare Beträge sind bspw.
Sozialleistungen (z. B. ALG II, Kindergeld, Elterngeld, Wohngeld etc.) sowie
unpfändbares Arbeitseinkommen (also Einkommen innerhalb der Pfändungsfreigrenze).
All das müssen Sie beweisen, indem Sie Ihrem Antrag die Kontoauszüge der letzten sechs Monate beifügen.
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Bleiben Sie bei der Wahrheit! Der Gläubiger kann beantragen, dass die Kontoauszüge vollständig eingereicht werden. Falls Sie also vor fünf Monaten einen größeren Betrag - z. B. aus einer Steuererstattung oder einer Überzahlung von Stromabschlägen - erhalten haben, sollten Sie den betreffenden Kontoauszug nicht unterschlagen! Warten Sie mit Ihrem Antrag besser noch einen Monat, denn dann ist dieser Zahlungseingang nicht mehr relevant.
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Weiterhin müssen Sie schlüssig darlegen, dass sich Ihre finanzielle Situation in den nächsten 12 Monaten nicht verbessern wird. Die Anforderungen an eine solche Prognose dürfen weder zu hoch noch zu gering sein, sondern müssen die tatsächlichen Aussichten berücksichtigen.
Was heißt das im Klartext? - Ein Gläubiger darf seine Forderungen an Sie nicht überziehen. Wenn Sie bspw. seit langem arbeitslos sind und überdies keine qualifizierte Berufsausbildung haben, kann der Gläubiger nicht von Ihnen erwarten, dass Sie innerhalb weniger Monate einen gut bezahlten Job finden.
Anders verhält es sich in folgendem Fall: Sie sind gut ausgebildet sind und "erst" seit sechs Monaten arbeitslos. In diesem Fall müssen Sie schon bedeutsame Gründe dafür finden, weshalb Sie der Meinung sind, auch noch die nächsten 12 Monate arbeitslos zu sein. Solche Gründe könnten etwa in einer Umschulung liegen oder aus einer Krankheitssituation heraus resultieren. Aber: Bleiben Sie auch hier bei der Wahrheit! Wenn Sie angeben, aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr arbeiten zu können, müssen Sie damit rechnen, dass der Gläubiger bei Gericht beantragt, Sie vom Amtsarzt untersuchen zu lassen!
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Wenn Sie arbeitslos sind, sollten Sie sich bei Jobangeboten des Arbeitsamtes ernsthaft um diese Stelle bemühen. Weisen Sie auch auf andere Weise nach, dass Sie ernsthaft an der Aufnahme einer beruflichen Tätigkeit interessiert sind. Schreiben Sie Bewerbungen, reagieren Sie auf Stellenausschreibungen im Internet, in Zeitungen etc. Dokumentieren Sie, wenn Sie sich telefonisch nach einer Stelle erkundigen: Schreiben Sie auf, wann genau Sie bei welcher Firma angerufen und mit wem Sie gesprochen haben.
Fragen Sie beim Arbeitsamt nach, an welchen Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen Sie teilnehmen können. Welche Angebote gibt es im Bereich eines professionellen Bewerbungstrainings?
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Beachten Sie: Falls ein Gläubiger Ihre Bemühungen um Rückkehr ins Arbeitsleben begründet bezweifelt, kann er beantragen, dass Nachweise (z. B. von Bewerbungen) angefordert werden! Wenn Sie dann nichts vorweisen können, haben Sie schlechte Karten.
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Gem. § 833a ZPO haben Sie als Schuldner glaubhaft zu machen, dass innerhalb der nächsten 12 Monate nach Antragstellung nur ganz überwiegend nicht pfändbare Beträge zu erwarten sind. Somimt würde es nicht ausreichen, einfach zu behaupten, krank zu sein oder längerfristig keinen Job zu finden.
Sie müssen diese Behauptung begründen und damit rechnen, dass der engagierte Gläubiger sich diese Begründungen ganz genau ansieht. Wenn der Gläubiger begründete Zweifel an dem Wahrheitsgehalt der Behauptungen hat, kann er bei Gericht beantragen, dass die entsprechenden Nachweise (z.B. Bewerbungen oder die Vorlage eines amtsärztlichen Attestes) beigebracht werden. Selbstverständlich ist dies aber "nur" ein Antrag; es bleibt abzuwarten, ob das Gericht diesem Antrag folgen wird oder nicht.
Beispiel 1: Der Schuldner ist seit über sechs Monaten arbeitslos und hat (ohne Nachweise) angegeben, auch weiterhin keinen Job finden zu können. Der Gläubiger unterhält Kontakte zu dessen privatem Umkreis (Verein, Chor, ...) und erhält von dort die Information, dass der Schuldner mit seiner Arbeitslosigkeit ganz zufrieden ist und gar nicht daran denkt, ins Arbeitsleben zurückzukehren. Mit dieser Information kann sich der Gläubiger an das Vollstreckungsgericht wenden und beantragen, dass der Schuldner seine Behauptung, keine Arbeit zu finden, mit entsprechenden Bewerbungen um Arbeitsaufnahme nachweist.
Beispiel 2: Der Schuldner bezieht ALG II (Hartz IV) und hat angegeben, wegen einer schweren Herzschwäche auch in Zukunft nicht erwerbstätig sein zu können. Der Gläubiger hat aber in Erfahrung gebracht, dass der Schuldner sein Einkommen durch temporäre Arbeiten bei Privatpersonen (Renovierung von Häusern, Raumpflege, Privat-Friseurin ...) aufbessert. Aufgrund dieser genauen Angaben kann der Gläubiger beim Vollstreckungsgericht den Nachweis der dauernden gesundheitlichen Arbeitsunfähigkeit beantragen (ganz abgesehen davon, dass sich der Schuldner bei diesem Beispiel strafbar macht).
Allerdings: Da der verbesserte Kontopfändungsschutz (inkl. Pfändungsschutzkonto) ganz neu ist, liegen noch keine Erfahrungswerte vor, wie Gerichte in den o.a. Fällen tatsächlich handeln werden. Ein interessierter Gläubiger wird solche Anträge allerdings stellen, unabhängig davon, wie hoch die Erfolgsquote ist.
Sie sind also derzeit keinesfalls verpflichtet, Bewerbungen vorzulegen oder ein amtsärzliches Gutachten beizubringen. Es besteht jedoch die Gefahr, dass der Gläubiger solches beantragen kann.
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Als letzte Hürde in Ihrem Aufhebungsantrag steht jetzt noch die Interessensabwägung zwischen Ihren und den Interessen Ihres Gläubigers.
Kann der Gläubiger nachweisen, dass seine Interessen die Ihren überwiegen, wird Ihr Antrag auf Aufhebung der Kontenpfändung sehr wahrscheinlich abgelehnt. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn
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seine Forderung aus einer unerlaubten Handlung Ihrerseits resultiert.
Beispiele:
Claudia Mietnomadin weiß bereits bei Abschluss des Mietvertrages, dass sie die Mieten für die luxuriöse 150m²-Wohnung nicht wird bezahlen können. Sie nimmt die Schädigung des Vermieters daher bereits bei Vertragsabschluss billigend in Kauf.
Hugo Abzocker kann die Hypothekenraten für sein heruntergekommenes Häuschen nicht mehr bezahlen; es ist nur noch eine Frage der Zeit, bevor das Zwangsversteigerungsverfahren eingeleitet wird. Bevor das Gutachten für die Festsetzung des Immobilienwertes angefertigt wird, beauftragt er eine Dachdeckerei, das Dach neu zu decken, wohl wissend, dass er auch diese Rechnung nicht wird bezahlen können. Er nimmt daher die Schädigung der Dachdeckerei billigend in Kauf. Sie als Schuldner Unterhaltsverpflichtungen nachkommen müssen (bei Kindern oder nach einer Scheidung etc.).
es um Renten wegen Verletzung des Körpers/der Gesundheit (Schmerzensgeldrente nach einer Verletzung mit dauerhafter Schädigung) geht.
Übrigens: Für die überwiegenden Interessen des Gläubigers dürfte auch sprechen, wenn dieser nachweisen kann, dass Sie sich andauernd seinen Zwangsvollstreckungsmaßnahmen entzogen haben.
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Basieren Ihre Schulden auf einem der oben genannten Gründe, sollten Sie sich mit Ihrem Gläubiger in Verbindung setzen. Schildern Sie Ihre finanzielle Situation und suchen Sie gemeinsam mit Ihrem Gläubiger nach einer Lösung. Bieten Sie ggf. auch an, Raten aus Ihrem unpfändbaren Einkommen zahlen. Wichtig ist es, eine Vereinbarung mit dem Gläubiger zu treffen, damit dieser Ihrem Aufhebungsantrag nicht entgegenwirkt!
Versuchen Sie, außerordentliche Einkünfte zu erzielen, die Sie an Ihren Gläubiger abtreten. Er wird Ihnen bei Ihrem Aufhebungsantrag sicherlich nicht im Wege stehen, wenn Sie z. B. Brötchen ausfahren, Zeitungen austragen oder an der Tankstelle aushelfen und diesen Verdienst direkt an ihn weiterleiten.
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Falls ein Gläubiger mit seinem Gegenantrag trotz allem erfolgreich sein sollte, bleibt Ihnen nur noch die Möglichkeit, wegen besonderer Härten einen Antrag nach § 765a ZPO zu stellen. Allerdings müssen Sie dann schlüssig vortragen und nachweisen, dass die Kontenpfändung für Sie eine größere Härte darstellt als die Aufhebung der Pfändung für Ihren Gläubiger.
Beachten Sie: Ein Gläubiger kann jederzeit (!) einen Antrag auf Aufhebung des Pfändungsschutzes stellen, wenn er nachweisen kann, dass die von Ihnen vorgetragenen Umstände nicht mehr gegeben sind oder nie wirklich gegeben waren. Aus diesem Grunde sollten Ihre Angaben stets wahrheitsgemäß und aktuell sein. Geben Sie von selbst bei Gericht an, falls sich z. B. die Zahl der unterhaltspflichtigen Personen verringert. Informieren Sie das Gericht, wenn Ihr Kind eine Ausbildung aufnimmt und eine Ausbildungsvergütung erhält. Seien Sie Ihrem Gläubiger immer einen Schritt voraus!
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Was ändert sich sonst noch an den Kontenpfändungsschutzbestimmungen?
Das Guthaben auf dem gepfändeten Konto darf nicht bereits nach zwei Wochen, sondern erst vier Wochen nach Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses an den Gläubiger ausgezahlt werden.
Wenn ein Gläubiger weiß, dass Ihr Konto zwar normalerweise kaum pfändbare Beträge aufweist, aber z. B. in einem Monat eine Steuererstattung zu erwarten ist, kann er das zukünftige Guthaben pfänden lassen. Hier können Sie bei Gericht beantragen, dass auch diese zukünftige Gutschrift erst vier Wochen nach Eingang an den Gläubiger geleistet werden darf.
Nicht wiederkehrende Gutschriften (z. B. Steuererstattungen, Zahlungseingänge von Versicherungen nach einem Schadensfall, Teilerstattungen Ihrer Krankenkasse für die Zahnarztrechnung) werden erst vier Wochen nach Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses an den Gläubiger ausgekehrt.
Bei künftigen Tagesguthaben können Sie beim Vollstreckungsgericht beantragen, dass eine Auszahlungsfrist zu beachten ist, damit die Gutschriften, die zu diesem Tagesguthaben (= Saldo auf Ihrem Konto) führten, nicht gepfändet werden, auch wenn Sie dieses Geld nicht sofort abrufen.
Was kann einen solchen Antrag begründen?
Sie müssen ein berechtigtes Interesse darlegen und nachweisen, dass die erwartete Gutschrift nicht der Pfändung unterliegt. Gute Argumente dürften eine bevorstehende Heirat oder Geburt liefern, aber auch die Existenz einer weiteren unterhaltsberechtigten Person.
Beispiele:
Sie möchten heiraten. Sie freuen sich über die Ankündigung Ihres Patenonkels, der Ihnen 300 Euro überweisen möchte, damit Sie Trauringe kaufen können.
Sie erwarten Familienzuwachs. Logisch, dass sich erst nach der Geburt die Zahl Ihrer unterhaltspflichtigen Personen erhöhen wird. Allerdings können Sie dem Gericht schlüssig nachweisen, welcher Betrag für die Baby-Erstausstattung von Ihnen benötigt wird.