Selbstständig statt arbeitslos: Praxis-Anleitung zum Gründungszuschuss und anderen Arbeitsagentur-Fördermitteln
Start in den Unternehmer-Alltag: Buchführungs-Pflichten
Buchführungs-Pflichten
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Komplizierte Buchführungsanforderungen und Aufzeichnungspflichten tragen mit dazu bei, dass viele Menschen den Schritt in die Selbstständigkeit nicht wagen. Bei Licht betrachtet ist jedoch zumindest die "vereinfachte Buchführung" für Freiberufler und Kleinbetriebe kein Buch mit sieben Siegeln.
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Die Pflicht zur Buchführung gehört zu den ungeliebtesten Aufgaben von Selbstständigen. Dabei haben die Vorschriften zur Gewinnermittlung von Unternehmen verglichen mit dem Verfahren bei Angestellten durchaus ihre Vorzüge: Während die Einnahmen abhängig Beschäftigter vom Arbeitgeber automatisch an das Finanzamt gemeldet werden und Steuerminderungen ("Werbungskosten") nachträglich möglich sind, genügt bei Selbstständigen und Gewerbebetrieben grundsätzlich die eigenhändige Gewinnermittlung. Nur bei Zweifelsfällen oder im Rahmen von (seltenen) Betriebsprüfungen werden die Unterlagen vom Finanzamt genauer in Augenschein genommen.
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Gewinnermittlung für die Einkommensteuer
Solange ...
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Ihr Gewinn 50.000 Euro oder
Ihr Umsatz 500.000 Euro
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... nicht überschreiten, brauchen Sie dabei weder eine kaufmännische Buchführung mit Betriebsvermögensvergleich ("Inventur") noch eine Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) oder Bilanzen zu erstellen. Seit dem Jahr 2009 gilt die Befreiung von den Buchführungspflichten sogar für Einzelunternehmer, die ins Handelsregister eingetragen sind. Es genügt eine "vereinfachte Buchführung", die sogenannte Einnahmenüberschussrechnung (EÜR).
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Freiberufler und Selbstständige, die unter den § 18 Einkommensteuergesetz fallen ("Einkünfte aus selbstständiger Arbeit"), dürfen die EÜR sogar unabhängig von Gewinn- und Umsatzgrenzen verwenden!
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Steuerrechtlich geregelt ist die Vereinfachung der Buchführungspflicht in § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes. Die Umsatz- und Gewinnobergrenzen für diese Sonderregel finden sich im § 141 der Abgabenordnung.
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EÜR-Kurs
Eine ausführliche Einführung in die Praxis der Einnahmeüberschussrechnung bietet unser Leitfaden "EÜR: Einnahmeüberschussrechnung ganz praktisch - so geht's!"
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Merkmale der vereinfachten Buchführung
Die wichtigsten EÜR-Merkmale im Überblick:
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Bei der Gewinnermittlung im Rahmen der Einkommensteuer werden nur solche betrieblichen Einnahmen und Ausgaben berücksichtigt, die im jeweiligen Geschäftsjahr zu- oder abgeflossen sind. Komplizierte Zahlungsabgrenzungen zum Vor- oder Folgejahr sowie Bewertungen von Lagerbeständen, Forderungen und Verbindlichkeiten können Sie sich sparen.
Bitte beachten Sie: Das Zufluss-Prinzip gilt vielfach auch bei der Umsatzsteuer: Während Umsätze größerer Betriebe bereits zum Zeitpunkt der Rechnungsstellung besteuert werden (= "Soll-Besteuerung"), gilt bei Freiberuflern und Kleinunternehmern auf Antrag der Zeitpunkt, an dem tatsächlich gezahlt wird (= "Ist-Besteuerung"). Das bringt Zinsvorteile, erspart viel Buchführungsbürokratie und erleichtert die Überwachung der Zahlungsfähigkeit.
Ihre internen EÜR-Aufzeichnungen müssen keine bestimmte Form haben. Einfache handgeschriebene oder Computerlisten genügen. Computerprogramme brauchen nicht gegen nachträgliche Änderungen gesichert zu sein.
Die Bestände auf Bankkonten müssen Sie nicht mit Ihren Unterlagen abstimmen. Die Aufzeichnung von Bargeld-Zahlungen in einem separaten Kassenbuch ist grundsätzlich nicht erforderlich.
Eine Sonderstellung haben langlebige Wirtschaftsgüter (Ihr "Anlagevermögen"): Deren Anschaffungskosten (Wert über 410 Euro) dürfen Sie im Jahr der Anschaffung nicht in voller Höhe als Ausgabe verbuchen. Der Wert muss vielmehr auf die "betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer" verteilt werden. Diesen Vorgang nennt man landläufig Abschreibung. Die offizielle Bezeichnung lautet "Absetzung für Abnutzung" (=AfA). Ausführliche Informationen bietet unser Einführungskurs "Praxiswissen: Steuerliche Abschreibungen".
Die angeschafften langlebigen Wirtschaftsgüter (Wert über 410 Euro) müssen in ein "Anlagenverzeichnis" (= Inventar) aufgenommen werden, dem die Bezeichnung der einzelnen Wirtschaftsgüter, deren Anschaffungszeitpunkt, die Anschaffungskosten in Euro, die Nutzungsdauer sowie der jährliche Abschreibungsbetrag zu entnehmen ist.
Ab einem Jahresumsatz von 17.500 Euro muss die Gewinnermittlung auf Grundlage des offiziellen EÜR-Formulars erfolgen. Die einzelnen Elemente der amtlichen "Anlage EÜR" erläutert unser aktueller Beitrag "Keine Angst vorm EÜR-Formular".
Am Jahresende addieren Sie Ihre Einnahmen und ziehen davon die Summe Ihrer Ausgaben ab. Ist die Differenz positiv, haben Sie einen Gewinn erwirtschaftet, anderenfalls einen Verlust.
Das Jahresergebnis (Gewinn oder Verlust) tragen Sie außerdem in die "Anlage G" (für Einkünfte aus Gewerbebetrieb) bzw. die "Anlage S" (für Einkünfte aus selbstständiger Arbeit) ein.
Da Sie keinen "Betriebsvermögens-Vergleich" machen müssen, entfällt am Jahresende die mühsame Inventur.
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Handelsrecht beachten!
Wer in das Handelsregister eingetragen ist, kann sich (mit Ausnahme der eingetragenen Einzelunternehmer, die unter den eingangs genannten Gewinn- und Umsatzgrenzen liegen) nicht auf das Buchführungs-Privileg für Kleinbetriebe berufen! Das gilt auch für Gesellschaften von Freiberuflern: Die kommen ebenfalls nicht an Bilanzierung und doppelter Buchführung vorbei.
Und gleich noch ein Hinweis für die Buchführungs-Experten unter Ihnen: Selbst wenn Sie sich mit der doppelten kaufmännischen Buchführung gut auskennen, sollten Sie vorsichtig sein, Ihrem Unternehmen eine vollwertige Finanzbuchhaltung zu spendieren: Falls das Finanzamt anlässlich einer Prüfung feststellt, dass Sie freiwillig Bücher geführt haben, kann Ihnen das Recht auf die vereinfachte Buchführung gemäß § 4 Abs. 3 EStG aberkannt werden. Dort heißt es nämlich:
"Steuerpflichtige, die nicht auf Grund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet sind, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen, und die auch keine Bücher führen und keine Abschlüsse machen [Hervorhebung: RC], können als Gewinn den Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben ansetzen."
Sie sehen: Weniger ist auch im Steuerrecht manchmal mehr.
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Wechsel der Gewinnermittlungs-Art
Wichtig: Das Überschreiten der genannten Obergrenzen von 50.000 Euro (Gewinn) oder 500.000 Euro (Umsatz) führt nicht automatisch zum zwangsweisen Wechsel der Gewinnermittlungs-Art. Der erfolgt frühestens im übernächsten Geschäftsjahr und auch nur, wenn das Finanzamt Sie ausdrücklich dazu auffordert. Diese Bestimmung finden Sie in § 141 Abs. 2 der Abgabenordnung.
Ein Beispiel für diese "steuerliche Zeitlücke": Wenn Sie im Jahr 2013 erstmals mehr als 50.000 Euro Gewinn erwirtschaften, dann stellen Sie das unter Umständen erst Anfang 2014 fest. Das Finanzamt erfährt dann erst Mitte bis Ende 2014 im Rahmen Ihrer Einkommensteuer-Erklärung für das Jahr 2013 von diesem Sachverhalt und kann daher von Ihnen auch frühestens für 2015 die Einführung eines neuen Buchführungs-Systems verlangen.
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Praxis der vereinfachten Buchführung
Bevor Sie daran gehen, Ihre Buchhaltung zu organisieren, sollten Sie einen Blick auf das Kapitel "Ablage-Organisation" unseres "EÜR-Kurses" werfen: Dort finden Sie zahlreiche Tipps, wie die Belegsammlungen und Aufzeichnungen Ihrer Einnahmen-Überschussrechnung ganz konkret aussehen können. Im Kapitel "EÜR-Software" haben wir darüber hinaus eine ganze Reihe nützlicher und dabei kostenloser bzw. preiswerter Computer-Hilfen vorgestellt.
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Umsatzsteuer: Mehrarbeit für Gründer
Die Buchführung dient nicht nur der Gewinnermittlung. Wenn Sie im Vor- bzw. Gründungsjahr (voraussichtlich) mehr als 17.500 Euro und im laufenden Jahr voraussichtlich mehr als 50.000 Euro umsetzen, gehören Sie nicht mehr zu den Kleinunternehmern gemäß § 19 Umsatzsteuergesetz.
In diesem Fall müssen Sie auf alle Ausgangsrechnungen die Umsatzsteuer (= Mehrwertsteuer) aufschlagen und an das Finanzamt abführen. Von der sogenannten Zahllast dürfen Sie aber zuvor noch die von Ihnen bei betrieblichen Anschaffungen gezahlte Mehrwertsteuer (= "Vorsteuer") abziehen. In manchen Fällen ergibt sich auf diese Weise sogar ein Erstattungsanspruch. Das ist übrigens einer der Gründe dafür, warum manche Kleinunternehmer sich freiwillig für die Umsatzsteuerpflicht entscheiden.
Weniger erfreulich: Umsatzsteuerpflichtige Gründer sind verpflichtet, unabhängig von der Höhe ihrer Umsatzsteuerschuld in den beiden ersten Kalenderjahren ihrer Geschäftstätigkeit für jeden einzelnen Monat eine Umsatzsteuer-Voranmeldung abzugeben. Ab dem dritten Jahr können Sie bei einer Vorjahres-Zahllast von bis zu 7.500 Euro wieder zur quartalsweisen Zahlung übergehen. Falls Sie im Vorjahr nicht mehr als 1.000 Euro Umsatzsteuer an den Fiskus abgeführt haben, kommen Sie sogar ganz ohne Voranmeldungen aus: In dem Fall genügt die jährliche Umsatzsteuer-Erklärung.
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Weiterführende Steuerinformationen
Unter der Überschrift "Existenzgründung: Mit welchen Unternehmenssteuern muss ich rechnen?" erläutern wir die besonderen steuerlichen Pflichten von Selbstständigen und Unternehmern. Der Beitrag "Monatliche Umsatzsteuer-Voranmeldung für Gründer" befasst sich ausführlicher mit den einzelnen Umsatzsteuer-Vorschriften. Welche Aufgaben am Ende des ersten Geschäftsjahres auf Sie zukommen, erfahren Sie in unserem Praxistipp "Der erste Jahresabschluss als Selbstständiger? Kein Grund zur Panik!"
Falls das Thema Umsatzsteuer für Sie noch ein komplettes Buch mit sieben Siegeln ist, empfehlen wir Ihnen unseren Einsteiger-Kurs zu "Umsatzsteuer, Vorsteuer und Mehrwertsteuer". Darin erklären wir Ihnen die wichtigsten Fachbegriffe und erläutern zum Beispiel, wer umsatzsteuerpflichtig ist, wer sich freiwillig der Umsatzsteuer unterwerfen kann (und wann das Sinn ergibt), welche Steuersätze bei welchen Waren und Dienstleistungen anfallen oder wie vorsteuerfähige Rechnungen aussehen.
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Brauche ich einen Steuerberater?
Wenn Sie ein Faible für Steuerangelegenheiten haben und bislang als Arbeitnehmer Ihre Einkommensteuererklärung eigenhändig erstellt haben, können Sie das im Prinzip als Selbstständiger weiterhin tun. Völlig unüberwindlich sind die zusätzlichen steuerlichen Hürden für Solo-Selbstständige und Kleinunternehmer nicht.
Spätestens wenn Ihr Unternehmen wächst, tun Sie aber gut daran, sich nach professioneller Unterstützung in Steuerangelegenheiten umzuschauen. Sie müssen Ihrem Steuerberater ja nicht gleich das teure Rundum-sorglos-Paket abkaufen. Welche unterschiedlichen Aufgaben Steuerberater übernehmen, wie Sie einen passenden Experten finden und worauf Sie bei der Auswahl achten sollten, erfahren Sie in unserem Praxistipp "So finden Sie den richtigen Steuerberater".
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Fachliche Unterstützung ist auch in anderen betrieblichen Bereichen ausgesprochen sinnvoll. Damit Gründer nicht aus finanzieller Not oder aus falsch verstandener Sparsamkeit von vornherein auf Expertenunterstützung verzichten, gibt es spezielle Coachingprogramme. Mehr dazu auf der folgenden Seite.