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Privatverkäufer als Unternehmer?
Ein neues Urteil schreckt Ebay-Verkäufer auf: Eine Frau wurde als gewerbliche Anbieterin eingestuft, nachdem sie rund 90 Artikel in einem Monat verkauft hatte. Was bei der Empörung unter den Tisch fällt, ist die Tatsache, dass eine "Unternehmereigenschaft" in unterschiedlicher Hinsicht bestehen kann - mit unterschiedlichen Folgen. Wir sorgen für Klarheit über den Status als privater oder gewerblicher Online-Verkäufer.
Ein Urteil des Landgerichts Berlin vom 05.09.2006 (AZ 103 O 75/06) hat wieder einmal die Ebay-Gemeinde aufgeschreckt: Das Gericht stufte die Ebay-Verkaufsaktivitäten einer Mutter als gewerblich ein, weil sie innerhalb eines Monats 93 Artikel bei Ebay verkauft hatte. Die Mutter war von einem gewerblichen "Wettbewerber" abgemahnt worden, weil sie die für gewerbliche Verkäufer geltenden gesetzlichen Vorschriften, etwa den Hinweis auf das geltende Widerrufsrecht und die Angabe von Namen und Adresse des Verkäufers, verletzt hatte. Sie hatte die Unterlassungserklärung nicht unterschrieben und verlor dann im Rechtsstreit vor Gericht einen vierstelligen Eurobetrag.
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Zwei Definitionen von "Unternehmer"
Den Autoren dieser dpa-Meldung war offenbar unbekannt, dass es zwei unterschiedliche Rechtskreise für die Unternehmereigenschaft gibt - auch wenn die sich natürlich häufig überschneiden:
Die allgemein bekannte handelsrechtlich und steuerrechtlich definierte Unternehmereigenschaft, die eine gewinnorientierte, gewerbliche Tätigkeit voraussetzt und dem Handelsrecht, dem Einkommensteuerrecht und der Gewerbeverordnung unterliegt.
Die Unternehmereigenschaft nach § 14 BGB ("Unternehmer ist eine natürliche oder juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt ...). Dies wird in der Rechtssprechung so ausgelegt, dass eine gewerbliche Tätigkeit auch bei fehlender Gewinnerzielungsabsicht unterstellt werden kann. Deshalb kann eben auch eine Privatperson in diesem Sinne zum Unternehmer werden, wenn sie aus dem eigenen Hausrat über Ebay & Co. eine größere Anzahl von Altkleidern und ausrangierten Kochtöpfen verkauft. Diese Definition findet übrigens zunehmend nur noch im Sinne des Verbraucherschutzes und des EU-Rechts Anwendung.
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Die praktischen Folgen
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Auch Online-Privatverkäufe von Gegenständen des persönlichen Hausrats und Vermögen unterliegen ab einem gewissen Aufkommen den Vorschriften des Fernabsatzrechts. Wann diese Schwelle erreicht wird, lässt sich wohl nur im Einzelfall festlegen. Vorsichtshalber sollte man lieber früher als später davon ausgehen, dass man den erweiterten Verbraucherschutz- und Informationspflichten unterliegt.
Nicht nur der Gewerbetreibende, auch der Privatverkäufer muss in diesem Fall seine Verkaufsangebote bei Ebay & Co. mit einer Widerrufsbelehrung versehen, die dem Käufer ein Rückgaberecht einräumt. Der Verkäufer muss dem Käufer, wenn der von seinem Widerrufsrecht Gebrauch macht, nicht nur den Kaufpreis, sondern auch die Hin- und Rückversandkosten der Ware ersetzen. Außerdem muss er seine volle Adresse angeben, die Preisangabenverordnung einhalten, usw.
Ebay bietet für Verkäufe unter Unternehmereigenschaft gewerbliche Accounts, dort wird auf die gesetzlichen Erfordernisse hingewiesen und es besteht eine Möglichkeit, sogenannte "Gewerbliche Verkäuferinformationen" festzulegen und einzublenden. Dass auch reine Privatverkäufe von Hausrat und ähnlichem bei entsprechender Häufigkeit oder Menge zur Einhaltung von verbraucherschutzrechtlichen Vorschriften verpflichten, das sagt Ebay leider nicht explizit.
Nach neuester Rechtsprechung durch Urteile des OLG Hamburg und des KG Berlin beträgt die Widerrufsfrist bei Online-Verkäufen an Verbraucher einen Monat und nicht - wie bisher verbreitet - 14 Tage. Mehr dazu steht in einem Artikel von Rechtsanwalt Oliver Langer: "Widerrufsfristen bei Online-Shops, Ebay, Amazon & Co."