Unternehmensnachfolge und Geschäftsübernahme: Chancen nutzen, Risiken erkennen, Fahrplan erstellen

Fallstricke bei der Unternehmensnachfolge

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Fallstricke bei der Unternehmensnachfolge

Nach unterschiedlichen Quellen stehen zwischen 500.000 und 700.000 deutsche Unternehmen zur Disposition, denn die Gründergeneration der Nachkriegszeit ist in die Jahre gekommen. Die meisten dieser Unternehmer sind heute über 60 Jahre alt, haben nur zu einem geringen Anteil einen Nachfolger in der eigenen Familie und möchten sich in absehbarer Zeit zur Ruhe setzen.

Das Institut für Mittelstandsforschung Bonn ermittelte, dass über acht Prozent aller Betriebe keinen Nachfolger finden und deshalb stillgelegt werden. Die KFW-Mittelstandsbank schätzt gar, dass bei annähernd einem Viertel aller Betriebe die Suche nach einem geeigneten Nachfolger erfolglos bleiben wird.

Die Gründe sind darin zu suchen, dass

  • entweder ein nicht realistischer Kaufpreis angesetzt wird,

  • keine wirtschaftlich tragfähige Existenzbasis für einen Nachfolger gegeben ist oder

  • der jetzige Inhaber schlicht den richtigen Zeitpunkt für die Suche nach einem geeigneten Nachfolger versäumt hat.

Zu diesen Punkten sei zunächst Folgendes angemerkt:

Natürlich ist jeder Unternehmer bestrebt, für den von ihm aufgebauten Betrieb einen möglichst hohen Kaufpreis zu erzielen.

Aber jeder Betriebsinhaber sollte zur Ermittlung des wirklich marktfähigen Preises (und damit auch zur Überprüfung seiner eigenen Wertvorstellung) unbedingt einen entsprechend erfahrenen und qualifizierten Berater hinzuziehen. Zu oft liegen zwischen dem, was man sich als Inhaber selbst vorstellt und dem, was an Kaufpreis realistisch ist, Welten.

Hier spielen zum Beispiel die unterschiedlichen Vorgehensweisen der Wertermittlung eine große Rolle. Sprechen die Praktiker gerne vom "Substanzwert", argumentieren die gut informierten Kaufinteressenten mit dem "Ertragswert". Letztlich gilt: Es gibt auch für Unternehmen einen Markt und der Preis richtet sich auch hier nach Angebot und Nachfrage.

Aus der Praxis heraus muss man sogar sagen: Es ist seit einiger Zeit für einen Betriebsinhaber schwieriger, einen geeigneten Nachfolger zu finden, als für einen Kaufinteressenten, einen geeigneten Betrieb zu finden.

Ein wenig rentabler Betrieb bzw. eine erkennbar angespannte Liquidität wird einen Verkauf erschweren. Letztlich muss ein Kaufinteressent auch seine Bank davon überzeugen, dass er einen Kaufpreis für ein wirtschaftlich tragfähiges Projekt zahlen möchte. Die Kreditinstitute beurteilen eine derartige Nachfolge ausschließlich nach den Zahlen aus den vorgelegten Bilanzen und den weiteren Planungen.

Und schließlich der dritte und überflüssigste Grund, warum eine Nachfolgeregelung scheitert: Ein Inhaber eines kleineren oder mittelständischen Betriebes muss sich darüber klar sein, dass die Suche nach einem qualifizierten, kompetenten und so ganz "nebenbei" auch noch finanzkräftigen Nachfolger durchaus länger als ein halbes Jahr dauern kann. Wenn sich dieser Kaufinteressent dann über öffentliche Förderkredite finanziert, sind hierfür alleine mindestens zwei Monate einzuplanen.

Insgesamt allerdings sollte man für die Regelung der Nachfolge - vorsichtshalber - ein volles Jahr einplanen.

Leider ist es gerade der geplante Rückzug aus dem mit viel Mühe und Arbeit aufgebauten Unternehmen, dem Lebenswerk, der von unglaublich vielen Unternehmern nicht rechtzeitig geplant und umgesetzt wird.

Jedes Jahr werden in Deutschland rund 7.000 Betriebe nur deshalb liquidiert, weil die Nachfolge nicht bzw. nicht eindeutig geregelt ist!

Die Nachfolgeregelung: Risikoarm und problemlos?

Die Regelung der Nachfolge wird mitunter als vergleichsweise überschaubare Aufgabe dargestellt. Für einen Nachfolger sogar als risikoarme und einfache Art der Existenzgründung. Das Unternehmenskonzept scheint erprobt, die Kunden sind vorhanden, das Personal weiß, was es zu tun hat.

Die Wahrheit ist: Eine Übernahme ist insgesamt viel schwieriger als eine Neugründung. Überdurchschnittlich viele Insolvenzen treten nach Betriebsübernahmen auf!

Mittelständische Unternehmen sind in der Regel durch ihre Besitzer geprägt. Wechselt dieser, ändert sich (fast) alles im und um den Betrieb. Oft gehen gute Kundenkontakte des Inhabers verloren, neue müssen erst aufgebaut werden. Und häufig werden am Unternehmenskonzept viel zu schnell weitreichende Veränderungen vorgenommen.

Für den Inhaber gilt: Neben den Fragen zur Unternehmenswertermittlung sind zahlreiche steuerliche, juristische und auch sehr persönliche Aspekte zu berücksichtigen.

Das betrifft etwa Regelungen in der Familie, die eigene Altersvorsorge, die Absicherung von Ansprüchen aus dem Betrieb wie z. B. Renten. Da sind Verhandlungen mit dem Kaufinteressenten zu führen, es sind Verträge zu gestalten und letztlich muss man oft gar die Kaufpreisfinanzierung mit unterstützen.

Mit meinen Erfahrungen aus rund 20 Jahren Beratertätigkeit sage ich dazu: Das kann kein Unternehmer alleine leisten und abwickeln - da wird Unterstützung durch einen Spezialisten benötigt. Die denkbaren Risiken und Fehler bei einer derartigen Transaktion gefährden ansonsten die Planung im Ganzen.

Mit der formellen Geschäftsübergabe ist die Transaktion allerdings immer noch nicht abgeschlossen. Sollte dem Alt-Inhaber daran gelegen sein, das von ihm aufgebaute Unternehmen zu sichern und die Arbeitsplätze "seiner" Mitarbeiter zu erhalten, ist er gut beraten, seinen Nachfolger eine Zeitlang zu begleiten - keine einfache Zeit für beide Seiten.

Trotzdem gilt: Rechtzeitig begonnen und wirklich planvoll umgesetzt, lassen sich auch bei diesem letzten Schritt alle Klippen umschiffen.

Unternehmensnachfolge, mehr dazu ...

Empfehlen möchten wir an dieser Stelle das sehr ausführliche und auch für Laien verständlich geschriebene Fachbuch von Joachim Brüser "Unternehmensnachfolge. Wie Sie als Mittelständler den Stab weitergeben".