Richtig delegieren. Konsequent delegieren.

Besser, wenn man NICHT alles selbst macht. 12 Praxistipps zur Auftragsvergabe an Mitarbeiter

Konsequentes Delegieren erfordert Mut und Vertrauen - hilft letztlich aber allen Beteiligten. Wir geben Ihnen 12 Tipps.

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Ob aus Unsicherheit oder Selbstüberschätzung: Viele Nachwuchs-Chefs neigen dazu, die Arbeit ihrer Mitarbeiter ständig zu überprüfen, zu verbessern oder gleich selbst zu erledigen. Dadurch überlasten sie nicht nur sich selbst. Ungebremster Kontrollzwang führt bei Mitarbeitern zu Frustration, beschädigt deren Selbstbewusstsein und lähmt die Initiative in der Zukunft. Das Gegenmittel heißt: konsequent Delegieren. Es erfordert Mut und Vertrauen - hilft letztlich aber allen Beteiligten.

Jürgen Klopp hat in den letzten Jahren einer jungen, unerfahrenen Mannschaft vertraut und den Rücken gestärkt, obwohl sie anfangs einen Haufen Fehler und einen alles andere als Vertrauen erweckenden Eindruck gemacht hatte. Die immer noch junge, aber schon längst nicht mehr unerfahrene Mannschaft wurde dieses Jahr nicht nur zum zweiten Mal in Folge Deutscher Meister, sondern stellte dabei auch en passant einen neuen Punkte-Rekord auf - und holte außerdem den DFB-Pokal nach Dortmund.

Statt auf Perfektion und Fehlervermeidung setzte Klopp konsequent auf die Stärken seiner "Mitarbeiter", gab ihnen die Gelegenheit, Fehler zu machen und daraus zu lernen. Bei Licht betrachtet blieb ihm gar nichts anderes übrig: Schließlich konnte er ja schlecht selbst die Tore schießen und verhindern.

Vom Star zum Spielertrainer

Das ist in vielen Kleinbetrieben und Freiberufler-Büros anders: Dort sieht sich der Chef oft in der Rolle eines Spielertrainers. "Spielerisch" macht ihm keiner etwas vor: Im Umgang mit Kunden und Geklschäftspartnern, mit Maschinen, Werkzeugen und Kommunikationsmitteln ist keiner seiner Mitarbeiter so erfahren wie er selbst.

Einmal ganz abgesehen davon, dass die Selbst- und Fremdwahrnehmung der fachlichen Kompetenz eines Chefs weit auseinander gehen: Zumindest in Sachen Menschenführung sind viele Gründer und Jungunternehmer faktisch Auszubildende - die sich selbst ausbilden.

Wer im eigenen Betrieb Personalverantwortung übernimmt, hat selten jahrelange Erfahrung als Manager oder Arbeitgeber. Und anders als in größeren Unternehmen fehlen im Kleinbetrieb eingespielte Führungsverfahren oder Vorgesetzten-Kollegen, die man "mal eben" um Rat fragen kann.

Kein Arbeitgeber ohne Delegation

Niemand wird per Crashkurs zum "guten Chef". Dabei wäre diese Qualifikation in der Aufbauphase eines Betriebs ganz besonders wertvoll: Schließlich müssen Existenzgründer gleichzeitig an vielen verschiedenen Fronten kämpfen. Das Multitasking reicht von der Kundenakquisition über die Kapital- und Materialbeschaffung und dem Controlling bis hin zur Erledigung von Büroarbeiten und "Hausmeister"-Tätigkeiten. Vieles davon ist oft unbekanntes Terrain. Im laufenden betrieblichen Alltag geht es daher zunächst einmal darum, dass die anstehenden Aufgaben rechtzeitig und in angemessener Qualität erledigt werden.

Wer beschlossen hat, Mitarbeiter zu beschäftigen, kommt um das Delegieren nicht herum. Ob bewusst oder unbewusst: Für irgendein Delegationsverfahren müssen Sie sich entscheiden. Es gibt grob gesagt zwei Grundtypen:

  • Entweder Sie verteilen konkrete Einzelaufträge, die bis zu einem bestimmten Zeitpunkt erledigt werden müssen.

  • Oder Sie übertragen generelle Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten und vereinbaren Ziele mit Ihren Mitarbeitern. Von Zeit zu Zeit lassen Sie sich über den Stand der Dinge "berichten". Nur in Ausnahmefällen, die Sie am besten zuvor definiert haben, greifen Sie in die Ausführung der Arbeiten ein.

Zwar gehört es zum guten Ton, den "moderneren" Führungsverfahren des zweiten Typs den Vorzug zu geben ("Management by Objectives" oder auch "Management by Exception"). Faktisch haben jedoch viele Manager und Chefs noch am klassischen "Management by Delegation" zu knabbern.

Offiziell wird beim Führen durch Aufgabenübertragung zwar selbst in militärischen und behördlichen Umgebungen längst auf die Kompetenz der untersten Ebene gesetzt. Vorgesetzte auch in der Privatwirtschaft fallen aber noch oft genug in patriarchalische, autoritäre Verhaltensmuster zurück. Mangelndes Problembewusstsein, Unsicherheit, Hilflosigkeit, Selbstüberschätzung und Selbstherrlichkeit stellen dabei - in unterschiedlichsten Kombinationen - eine brisante Mischung dar.

Praxistipps: Richtig delegieren

Bevor Sie sich an ausgeklügelte Zielvereinbarungs-Modelle oder trendige Motivations-Techniken heranwagen, sollten Sie die Grundzüge des "einfachen" Delegierens beherrschen. Die lassen sich in einem runden Dutzend sinnvoller Empfehlungen zusammenfassen:

  • Legen Sie Verfahrens-, Kommunikations- und Qualitätsstandards für interne und externe Prozesse fest. Das kann z. B. in Form von "10 Geboten" geschehen oder als kollektive Selbstverpflichtung im Rahmen einer Firmen-Philosophie. Regeln Sie so das Umgehen mit Kunden, Geschäftspartnern und von Kollegen untereinander, aber auch Termintreue, Zuverlässigkeit etc. - also die Quintessenz all dessen, was Ihnen selbst und Ihrer Belegschaft wichtig ist.

  • Entscheiden Sie sich bewusst dafür, eine Aufgabe einer anderen Person zu übertragen: Machen Sie sich klar, dass die zukünftige Entlastung zunächst einmal ihren Preis hat: Aufwand für Einarbeitung und Qualifizierung ensteht, zumindest am Anfang dauert es oft länger, die Erledigung erfolgt anders und vielleicht in geringerer Qualität, als wenn Sie es selbst erledigt hätten.

  • Führen Sie sich vor Augen, welche Vorteile die Delegation auf längere Sicht für Sie selbst hat: mehr freie Zeit für wichtigere oder angenehmere Tätigkeiten, höhere Gesamtproduktivität und damit letztlich Gewinn Ihres Betriebs.

  • Bereiten Sie die Delegation so rechtzeitig vor, dass die Aufgabe termingerecht erledigt werden kann.

  • Grenzen Sie die anstehende Aufgabe möglichst eindeutig ein. Legen Sie Inhalt und Reichweite fest. Formulieren Sie - nach Möglichkeit konkret messbare - Qualitätskriterien und vereinbaren Sie einen eindeutigen Erledigungszeitpunkt.

  • Stellen Sie Transparenz darüber her, in welchem Gesamtzusammenhang die zu übertragende Aufgabe steht. Was soll damit ereicht werden?

  • Klären Sie, welche Zusatz-Informationen und sonstigen Ressourcen Ihr Mitarbeiter braucht, um die Aufgabe erledigen zu können. (Und: Stellen Sie die erforderlichen Mittel dann auch tatsächlich bereit!)

  • Übertragen Sie die Aufgabe nur an eine ausreichend qualifizierte Person bzw. sorgen Sie dafür, dass nur eine geeignete Person die betreffende Aufgabe von sich aus übernimmt, zum Beispiel im Rahmen von Mitarbeiterbesprechungen.

  • Übertragen Sie zusammen mit der Zuständigkeit auch die Verantwortung für die Aufgabe oder stecken Sie den einen begrenzten Entscheidungs- und Kompetenzrahmen eindeutig ab.

  • Geben Sie grundsätzlich freie Hand bei der Wahl des Lösungsweges.

  • Stellen Sie zu Anfang sicher, dass Sie während der Erledigung falls notwendig unterstützend eingreifen können. Richten Sie dafür feste "Berichtstermine" an. Machen Sie zugleich aber deutlich, dass Sie außerhalb der vereinbarten Besprechungstermine nur ausnahmsweise mit Details behelligt werden wollen.

  • Behalten Sie aber die Verantwortung für die Kontrolle des Arbeitsergebnisses. Werten Sie die Prozess- und Ergebnisqualität nach Abschluss der Aufgabe zusammen mit Ihrem Mitarbeiter aus. Würdigen Sie dabei unbedingt die positiven Aspekte. Sprechen Sie Fehler und Defizite eindeutig an und überlegen Sie gemeinsam mit dem Beschäftigten, welche Konsequenzen sich daraus für die Zukunft ziehen lassen. Klären Sie, welche Unterstützung Sie dabei geben können und / oder welche Qualifizierungsmaßnahmen Sie anbieten können.

Fazit

"Spielertrainer" in einem jungen Unternehmen zu sein, ist alles andere als eine leichte Aufgabe. Die wenigsten Nachwuchs-Arbeitgeber haben von Haus aus das Zeug zum Motivations-Guru (Marke Jürgen Klopp) oder zum Firmen-Patriarchen (Marke Felix Magath). Wer ungeachtet dessen lernt, in der Alltagshetze halbwegs sehenden Auges zu delegieren, kann nach und nach seinen ganz persönlichen Trainerstil entwickeln und sein Team - wenn schon nicht in die Champions League oder zur Geschäfts-Weltmeisterschaft - so doch immerhin auf einen gesicherten Platz im Mittelfeld der Businessliga führen.

Weiterführende 'Chef-Lektüre'

Der Wechsel ins Arbeitgeberlager geht mit vielen neuen Aufgaben einher und erfordert ganz spezielle Kompetenzen und Einstellungen:

  • Vor welchen Fallen Sie sich dabei in Acht nehmen müssen, schildert der Beitrag "... Chef sein dagegen sehr!".

  • Um wie viel produktiver es ist, auf eigene und fremde Stärken zu setzen (statt ständig Schwächen "auszubügeln"), lesen Sie unter der Überschrift "Stärken stärken!".

  • Vor allem das positive Feedback kommt oft viel zu kurz. Welch machtvolles Instrument ehrliche Anerkennung darstellt, macht unser "Lob des Lobens" deutlich.

  • Viel zu viele Selbstständige verzichten auf den eigenen (Kurz-)Urlaub, weil sie sich für unabkömmlich halten. Der Beitrag "Reif für die Insel: Urlaub für Chefs" räumt mit diesem Mythos auf.

  • Damit Sie beruhigt an private Strände zurückziehen oder zu neuen geschäftlichen Ufern aufbrechen können, brauchen sie Mitarbeiter, die Ihren Anforderungen genügen (können). Die allererste Voraussetzung dafür ist ein geeignetes Ausschreibungs- und Auswahlverfahren: Die Grundlagen werden in unserer Serie zur "Bewerberauswahl" erläutert.

  • Eine aktuelle, neue Herausforderung für Chefs auch in kleinen Betrieben ist das sogenannte "Antidiskriminierungsgesetz" bzw. das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz.