Vereinsrecht: Der gemeinnützige, eingetragene Verein

Der Verein und das Finanzamt

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Der Verein und das Finanzamt

Die Steuerbegünstigung

Wie bereits erwähnt, übernimmt ein Verein Aufgaben des Staates. Im Gegenzug muss dem Verein auch ein gewisser Steuervorteil zugutekommen. Um diese Entlastung des Staates zu fördern, wurden die Gemeinnützigkeit und der Verzicht auf Steuereinnahmen eingeführt.

Für die Anerkennung der Gemeinnützigkeit ist stets das Finanzamt zuständig, nicht etwa das Amtsgericht oder ähnliche Institutionen. Ist ein Verein als gemeinnützig anerkannt, dann ...

  • ist er von der Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer befreit,

  • zahlt er weniger Umsatzsteuer - Umsätze im wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb des Vereines (falls vorhanden) unterliegen dem ermäßigten Steuersatz von 7 %,

  • können Spenden an den als gemeinnützig anerkannten Verein steuerlich geltend gemacht werden (Spendenabzug).

Diesen steuerrechtlichen Vorteilen steht aber der Nachteil gegenüber, dass das korrekte Versteuern im Verein steuerrechtlich komplex ist. Deshalb kann es leicht zur Haftung für Steuerschulden kommen.

Außerdem kann die Satzung des gemeinnützigen Vereines nicht nach Belieben gestaltet und abgeändert werden. Sie hat sich vielmehr an den Vorgaben des Finanzamtes zur Gemeinnützigkeit zu orientieren. So gesehen ist ein Verein gegenüber anderen wirtschaftlichen Unternehmen benachteiligt.

Etwas Rechtsgeschichte: Gemeinnützigkeit im Steuerrecht

Bereits 1936 wurden Regelungen zur Besteuerung eines Vereines im Steueranpassungsgesetz (§ 17) rudimentär geregelt, die sich zu den Regeln der Gemeinnützigkeit entwickelten. Im Jahre 1941 folgte die erste Gemeinnützigkeitsverordnung, die bis zum Inkrafttreten der Abgabenordnung 1977 galt. Im Jahre 2007 wurde dann das Gesetz zur Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements erlassen, das steuerliche Vergünstigungen für gemeinnützige Gesellschaften schuf und den Katalog der gemeinnützigen Zwecke in § 52 Abs. 2 Abgabenordnung abschließend festlegte. Letztmals im Januar 2012 wurde der Erlass zur Abgabenordnung erneuert, der sich mit den steuerbegünstigten Zwecken im Rahmen der Gemeinnützigkeit auseinandersetzt.

Steuerbegünstigte Zwecke: Gemeinnützigkeit, Wohltätigkeit, kirchliche Zwecke

Im Gesetz wird zwischen der gemeinnützigen, der mildtätigen und der kirchlichen Tätigkeit als Grundlage für Steuerbegünstigung unterschieden (§§ 52 ff. AO). Damit der Verein in den Genuss der genannten Steuerbegünstigungen kommen kann, muss er also einen dieser drei Zwecke verfolgen.

  • Gemeinnützigkeit

    Gemeinnützigkeit wird im Gesetzt definiert als Förderung der Allgemeinheit „auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet“ (§ 52 AO). Die Förderung muss selbstlos geschehen. Sie darf nicht „Nebenprodukt“ einer auf Gewinnerzielung ausgerichteten wirtschaftlichen Tätigkeit sein.

    Um als gemeinnützig anerkannt zu werden, muss der Verein die gemeinnützigen Zwecke außerdem in Anlehnung an die Satzung und aufgrund tatsächlicher Geschäftsführung erreichen.

    Das bedeutet, dass die Satzung des Vereins die Mittelverwendung so einschränken muss, dass die Gemeinnützigkeit garantiert ist. Sie muss unter anderem die gemeinnützigen Vereinszwecke genau benennen und Zuwendungen ausschließen, die nicht gemeinnütziger Natur wären. Das Gebot der tatsächlichen Geschäftsführung bedeutet, dass der Verein über seine Geschäfte ordnungsgemäß Buch führen muss, so das überprüft werden kann, ob die Aktivitäten tatsächlich der Satzung entsprechen.

    Ein gemeinnütziger Verein muss die Allgemeinheit fördern - der Kreis der geförderten Personen darf nicht von vornherein fest umrissen sein. Mit anderen Worten: Eine Beschränkung auf bestimmte, von vornherein festgelegte Personen, wie es zum Beispiel bei einer Familienstiftung der Fall ist, darf es nicht geben. Ein Verein muss also jedermann offen stehen so wie man es zum Beispiel vom klassischen Sportverein kennt. Das setzt auch den finanziellen Hürden für die Mitgliedschaft Grenzen. In der Rechtsprechung gilt, dass ein Verein nur dann noch als die Allgemeinheit fördernd anerkannt wird, wenn die Beiträge bzw. Umlagen für Vereinsangehörige 1023 € pro Mitglied und Jahr nicht übersteigen. Bei Aufnahmegebühren für neue Mitglieder liegt die Grenze bei etwa 1500 €.

  • Mildtätigkeit

    Statt Gemeinnützigkeit kann ein Verein die oben genannte steuerrechtliche Begünstigung auch beanspruchen, wenn er mildtätige Zwecke verfolgt. Mildtätig bedeutet, dass der Verein eine Hilfestellung an Personen gibt, die aufgrund körperlicher, geistiger oder seelischer Beeinträchtigung bedürftig sind. Allerdings muss diese Hilfestellung dann dauerhaft angelegt und dazu geeignet sein, die wirtschaftliche Situation des Bedürftigen zu stärken und dessen Notlage zu vermindern. Einmalige finanzielle Zuwendungen reichen dafür nicht aus.

    Dass tatsächlich mildtätige Zwecke verfolgt werden, muss nicht in jedem Fall konkret nachgewiesen werden. Wenn zum Beispiel Personen über 75 Jahre unterstützt werden, kann nach ständiger Rechtsprechung eine Mildtätigkeit angenommen werden, ohne dass eine Nachprüfung erfolgt. Gleiches gilt für Kinder und Jugendliche. Ansonsten kann es für die Anerkennung sinnvoll sein, wenn der Verein seine Unterstützungsleistungen beispielsweise an ein ärztliches Gutachten oder ein Dokument wie den „Schwerbeschädigtenausweis“ knüpft.

    In jedem Fall darf die finanzielle Unterstützung das Vierfache des Regelsatzes der Sozialhilfe (§ 28 SGB XII) nicht übersteigen. Das Finanzamt wird dem Verein die Anerkennung der Mildtätigkeit auch dann verweigern, wenn er einen wirtschaftlich Bedürftigen unterstützt, der über eigenes Vermögen verfügt. Voraussetzung ist allerdings, dass dieses Vermögen für den Bedürftigen verwendet werden kann - hier kann es unter Umständen Einschränkungen im Rahmen der Altersvorsorge geben. Ausgehen kann man von einem Schonvermögen in Höhe von 15.000 €. Vermögensgegenstände wie etwa Hausrat werden dabei angerechnet.

  • Kirchliche Zwecke

    Relativ unproblematisch ist die Anerkennung der Verfolgung kirchlicher Zwecke: Der Verein muss dazu Religionsgemeinschaften selbstlos fördern. Dabei handelt es sich im Regelfall um die evangelische oder katholische Kirche. Werden Gemeinschaften gefördert, die nicht als juristische Personen des öffentlichen Rechts anerkannt sind, erhält der Verein nicht die Anerkennung aufgrund der Förderung „kirchlicher Zwecke“.

Selbstlosigkeit, Gewinne und Mittelverwendung

Das Merkmal der Selbstlosigkeit taucht zwar auch im Gesetz selbst auf (§ 55 AO), hauptsächlich festgelegt wurde der Begriff jedoch in der Rechtsprechung. Selbstlosigkeit bedeutet, dass der Verein keine eigenwirtschaftlichen Zwecke verfolgen darf - entweder er erzielt keine Gewinne, oder er verwendet diese nur im steuerbegünstigten Bereich. Wird dies nicht beachtet, ist die Gemeinnützigkeit hinfällig.

Wenn ein Verein neben dem Zweckbetrieb auch einen Geschäftsbetrieb unterhält, muss das Verhältnis ausgewogen sein. Maßgeblich für die Beurteilung sind der Zeitaufwand, der Personalaufwand und das Verhältnis der Einnahmen und Ausgaben beider eigenständiger Institutionen.

Selbstlosigkeit bedeutet auch, dass sämtliche Einnahmen nur für satzungsgemäße Zwecke verwendet werden dürfen. Der Verwaltungsaufwand muss so gering wie möglich gehalten werden, damit nicht der Eindruck eines Geschäftsbetriebes entsteht. Mitglieder des Vereines dürfen keine Zuwendungen erhalten. Davon ausgenommen sind allerdings Annehmlichkeiten, wenn sie im Rahmen der Mitgliederbetreuung angemessen und allgemein üblich sind. Sachzuwendungen bis ca. 40 € gefährden die Gemeinnützigkeit nicht (ähnlich wie im Steuerrecht).

Der Verein muss sich in der Satzung dazu verpflichten, dass erwirtschaftetes Vermögen an den Verein gebunden ist oder an eine bestimmte, konkret benannte Körperschaft übergeht. Die Satzung muss auch einen Passus dazu enthalten, welche Körperschaft das Vereinsvermögen übernehmen soll, falls der Verein selbst aufhört zu existieren. Diese Körperschaften müssen ebenfalls steuerbegünstigt - z.B. gemeinnützig - sein.

Wenn dem Verein Vermögen zufließt oder Vermögen erwirtschaftet wird, müssen die Mittel zeitnah verwendet werden. Sie müssen bis zum Ende des jeweiligen Wirtschaftsjahres genutzt, also ausgegeben oder - nach Absprache mit dem Finanzamt - in eine zulässige Rücklage überführt werden. Gewinne des jeweiligen Jahres müssen zur Nutzung auf das nächste Jahr übertragen werden.

Das Finanzamt verlangt, dass zum 31. Dezember eines Wirtschaftsjahres eine so genannte Mittelverwendungsrechnung in Form einer Übersicht erstellt wird, die ihm jederzeit die Kontrolle ermöglicht. In Zweifelsfällen trägt der Verein die Beweislast über die korrekte Verwendung der Mittel. Verfahrensrechtliche Vorschriften hierzu gibt es nicht. Es empfiehlt sich, eine Mittelverwendungsrechnung außerhalb der Bilanz des jeweiligen Vereines aufzustellen.

Ausschließlichkeit

Ein weiteres Kriterium für die Gemeinnützigkeit eines Vereines ist, dass seine Tätigkeit ausschließlich den mildtätigen, kirchlichen oder gemeinnützigen Zwecken dient (und diese nicht nur einen Teil der Aktivität darstellen). Alle Tätigkeiten des Vereines müssen auf den steuerbegünstigten Zweck ausgerichtet werden, mit Ausnahme einer Liste von Ausnahmen, die in § 58 AO aufgeführt werden.

Eine der dort genannten Ausnahmen ist etwa die Förderung des bezahlten Sports, die Sportvereinen neben dem Amateursport gestattet ist. Eine weitere Ausnahme ist die Bildung von Rücklagen, die streng genommen nicht dem Vereinszweck dient und das Gebot der zeitnahen Mittelverwendung verletzt, was durch diese gesetzliche Bestimmung aber ausdrücklich zugelassen ist. Außerdem wird dem Verein in § 58 AO die Möglichkeit eingeräumt, die Hälfte seines Vermögens an eine andere steuerbegünstigte Körperschaft zu überführen, ohne seine eigene Steuerbegünstigung zu verlieren. Diese Übertragung von Vermögen ist übrigens auch ohne entsprechende Regelung in der Satzung möglich.

Um den jeweiligen Zweck zu erreichen, darf der Verein sich der Hilfe von Personen bedienen, die im Rahmen eines konkreten Auftrages für den Verein tätig werden. Neben natürlichen Person kann es sich dabei auch um eine juristische Person (etwa eine Kapitalgesellschaft) oder eine Personenvereinigung handeln. Die Weisungsbefugnis des Vereines muss allerdings vertraglich belegbar sein.

Nur wenn alle diese Kriterien erfüllt sind, kann der Verein die steuerliche Gemeinnützigkeit (im Sinne der Abgabenordnung) erlangen und die damit verbundenen steuerrechtlichen Vergünstigungen erhalten.

Rücklagen

Bildet der Verein eine Rücklage, dann muss er gegenüber der Finanzverwaltung belegen können, dass die Rücklage für ein bestimmtes Projekt genutzt werden soll. Dieses Projekt darf auch nicht ewig auf sich warten lassen - nach ständiger Verwaltungsansicht ist ein Zeitraum bis sechs Jahre zulässig.

Eine weitere Möglichkeit, Rücklagen zu bilden, sind Betriebsmittelrücklagen für Gehälter, Versicherungen, Mieten et cetera. Betriebsmittelrücklagen sind zulässig bis zur Höhe des Mittelbedarfs eines Jahres. Allerdings sollte eine vernünftige kaufmännische Beurteilung den konkreten Anlass für die Bildung der Rücklage begründen.

Eine Thesaurierung (Einbehaltung) von Gewinnen ist nach ständiger Rechtsprechung auch bei Vereinen grundsätzlich möglich (BFH-Urteil vom 15. Juli 1998, Bundessteuerblatt 2002 II Seite 162). Außerdem sind die gesetzlich zugelassenen Rücklagen auch zur Stärkung der Finanzkraft des Vereines erlaubt. Solche so genannten freien Rücklagen (§ 58 Nr. 7 AO) können so lange bestehen, wie auch der Verein Bestand hat.

Satzung und Geschäftsführung

Um als gemeinnütziger Verein anerkannt zu werden, muss die Satzung einer Überprüfung standhalten. Eine gewisse Rechtssicherheit erhält man, wenn die eigene Satzung sich an die Mustersatzung hält, die der Gesetzgeber als Anlage zu § 60 AO beigefügt hat.

Aus der Satzung muss hervorgehen, welchen Zweck der Verein verfolgt und dass die Anforderungen eingehalten werden, die die Abgabenordnung in Bezug auf die Gemeinnützigkeit vorschreibt. Es ist sehr zu empfehlen, die Satzung des Vereins in Absprache mit der Finanzverwaltung zu erstellen, dabei kann die Finanzverwaltung eigene Formulierungen als Hilfestellung vorgeben.

Verantwortlich für die Einhaltung der Satzung ist die Geschäftsführung. Sie hat die Aufsicht über den Verein und somit auch über die - möglicherweise auch strafrechtlich relevante - Verantwortung für die Korrektheit der ausgestellten Spendenbescheinigungen. Der Geschäftsführer bzw. der Vorstand hat also ein hohes Haftungsrisiko, schon deshalb, weil bei einem Verstoß gegen die Gemeinnützigkeit dieser Status rückwirkend für die letzten zehn Jahre aberkannt wird (mehr zu Haftungsfragen im Beitrag „Wann Vereinsvorstände haften“).

Anerkennung und Aberkennung der Gemeinnützigkeit

Zuständig für die Anerkennung und Aberkennung der Gemeinnützigkeit ist die jeweilige Finanzverwaltung. Ein eigenes Verfahren gibt es dafür nicht.

Zunächst wird dem Verein die vorläufige Anerkennung der Gemeinnützigkeit bescheinigt. Damit darf der Verein dann Spenden entgegennehmen und Spendenbescheinigungen ausstellen. Die vorläufige Bescheinigung hat eine Gültigkeit von 18 Monaten. Danach wird die Gemeinnützigkeit verbindlich festgestellt. Weitere Informationen zu diesem Vorgang liefert der Beitrag „Anerkennung der Gemeinnützigkeit“.

Die Feststellung der Gemeinnützigkeit erfolgt formal durch einen Feststellungsbescheid, der von der Finanzverwaltung alle drei Jahre überprüft wird. In diesen Abständen erfolgt also gewissermaßen eine kleine Betriebsprüfung.

Auch für die Aberkennung der Gemeinnützigkeit ist das Finanzamt zuständig. In aller Regel wird dem Verein die Gemeinnützigkeit aberkannt, wenn gegen die dafür wichtigen Vorschriften der Satzung oder gegen das Gebot der tatsächlichen Geschäftsführung verstoßen wurde. Gegen die Aberkennung der Gemeinnützigkeit kann der Verein Einspruch einlegen.