Schein-Argumente zur Zwangsrente (IV): Warum der Bundesverband deutscher Banken einen Vorsorgezwang fordert

Anmerkungen zu einer Kampagne, Teil 4: Die Finanzbranche fordert neben einem Vorsorgezwang gleichzeitig Exklusivrechte für eigene Finanzprodukte

In der Debatte um die Zwangsvorsorge fordert der Bundesverband deutscher Banken (BdB), dass sich Selbstständige ausschließlich über die Finanzprodukte der Banken und Versicherungen abzusichern hätten. Schließlich sei die Deutsche Rentenversicherung lediglich als "Scheinlösung" zu bezeichnen.

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Seit Februar 2010 fordert der Bundesverband deutscher Banken (BdB) die gesetzliche Zwangsaltersvorsorge für Selbstständige. Allerdings, betont der BdB, sei die Altersvorsorge ausschließlich über die Finanzprodukte der Banken und Versicherungen abzuwickeln, schließlich böte die Deutsche Rentenversicherung nicht mehr als eine "Scheinlösung".

Am 17.02.2010 erklärte BdB-Geschäftsführer Bernd Brabänder in seinem Statement "Risiko Altersarmut":

Wir empfehlen deshalb, die kapitalgedeckte Altersvorsorge armutsfester zu machen. Politik sollte auch den Menschen, die Risikogruppen zuzurechnen sind, besseren Zugang zur kapitalgedeckten Altersvorsorge verschaffen.

Was hat man sich darunter vorzustellen? Es geht uns dabei also in erster Linie um die in den letzten Jahren stark gewachsene Zahl der Selbstständigen. Wir halten den verpflichtenden Abschluss eines kapitalgedeckten Altersvorsorgevertrages für Selbstständige für den besten Weg. Ihre Eingliederung in die gesetzliche Rentenversicherung wäre dagegen nur eine Scheinlösung.

Im Beitrag "Schein-Argumente zur Zwangsrente (III)" hatten wir bereits die gegen die freie Altersvorsorge Selbstständiger gerichteten Tricks des Sozialbeirats in seinem Gutachten 2009 erläutert. Durch falsche Behauptungen und Untersuchungen, die Selbständige systematisch arm rechnen, unterstellt der Sozialbeirat allen Selbständigen ein steigendes Armutsrisiko (insbesondere ein hohes Altersarmutsrisiko). Daraus leitete der Sozialbeirat dann seine Forderung nach einer obligatorischer Altersvorsorge für alle Selbständigen ab.

Beim Pressegespräch genügt bereits, wenn der BdB einfach eine "in den vergangenen Jahren stark gewachsene Zahl von Selbstständigen mit unterdurchschnittlichem Einkommen" (Quelle: Handelsblatt, "Selbstständige müssen stärker vorsorgen") unterstellt. Und das, obwohl zeitgleich der Mikrozensus des Bundesamtes für Statistik real genau das Gegenteil feststellt:

  • Von 2005 bis 2010 sank die Armutsgefährdungsquote Selbstständiger von 9,1 % auf 8,4 %.

  • Parallel stieg bei den abhängigen Erwerbstätigen die Armutsgefährdungsquote von 7,1 % auf 7,4 %.

  • Und bei den Erwerbslosen, wie Hartz IV-Empfängern usw., stieg die Armutsgefährdungsquote sogar von 49,6 % auf 54,0 %.

Diesen positiven Trend in der Armutsstatistik blendet der BdB einfach aus. Entsprechend kolportiert am 18.02.2010 das Handelsblatt diese nun auch vom Bankenverband verbreitete Mär von der Altersarmut Selbständiger:

Der Bundesverband der deutschen Banken (BdB) warnt in einer Studie vor wachsender Altersarmut in Deutschland. Zu den Personengruppen, für die Altersarmut eine ernsthafte Bedrohung werden könnte, zählt BdB-Geschäftsführer Bernd Brabänder die in den vergangenen Jahren stark gewachsene Zahl von Selbstständigen mit unterdurchschnittlichem Einkommen ... Ein erster Schritt wäre, Selbstständige dazu zu verpflichten, einen kapitalgedeckten Altersvorsorgevertrag abzuschließen. Diese seien in keinem der bestehenden Altersvorsorgesystem abgesichert." (Hervorhebung akademie.de)

Der Bankenverband fordert damit:

  • die gesetzliche Zwangsaltersvorsorge für Selbstständige einzuführen;

  • dass allein die Finanzbranche die Zwangsbeiträge in die Hände bekommt;

  • dass diese nur in kapitalgedeckte Altersvorsorgeprodukte der Finanzbranche eingezahlt werden dürfen.

Klartext: Der Gesetzgeber habe zu regeln, dass Selbständige künftig nicht mehr frei über ihre Altersvorsorge bestimmen dürften, sondern zwangsweise in Finanzprodukte wie Basis- oder Rürup-Rente einzuzahlen hätten.

Die Banken würden damit zum Altersvorsorge-Vermögensverwalter der Selbständigen und Selbstständige wären gezwungen, ausschließlich deren Finanzprodukte zu erwerben. Als Begründung muss wieder die angeblich drohende Altersarmut Selbstständiger herhalten - eine Behauptung, für die der Bankenverband jeden Beweis schuldig bleibt.

Übrigens: 2010 - also im selben Jahr, in dem der BdB seine Forderung erstmals aufstellte - erhöhte sich die Staatsverschuldung Deutschlands um 304,4 Milliarden Euro auf über 2 Billionen Euro. Und dies maßgeblich deshalb, weil der Staat die Finanzbranche unterstützen musste ...