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Sich mit Mahnungen, Verzug und Zahlungsfristen auskennen – das ist für alle Unternehmer und Selbstständige wichtig. Früher oder später hat man bestimmt mit einer unbezahlten Rechnung zu tun. Wir erklären die Rechtslage beim Mahnen und zum Verzug, stellen die 40-Euro-Mahnpauschale vor und geben Tipps für ein effektives Mahnverfahren.
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Muster zum Download: Mahnschreiben mit Mahnpauschale
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Download: Muster-Mahnschreiben (Mahnpauschale für Geschäftskunden, .doc-Datei)
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"Mahn-Basics" im Schnellüberblick
Es gibt keine Pflicht, dreimal zu mahnen.
Geschäftskunden geraten sogar ganz ohne Mahnung in Verzug – laut Gesetz spätestens dann, wenn sie 30 Tage nach Fälligkeit und Zugang der Rechnung nicht bezahlt haben.
Privatkunden kommen bei verspäteter Zahlung nur dann automatisch in Verzug, wenn sie in der Rechnung ausdrücklich auf die 30-Tages-Frist und den drohenden Zahlungsverzug hingewiesen wurden.
Ab dem Verzugszeitpunkt können Sie Verzugszinsen fordern. Auch Ihre Mahnkosten muss der Schuldner bezahlen. Bei Unternehmern und Institutionen, die in Verzug geraten, dürfen Sie unabhängig von der Höhe der Forderung eine "Mahnpauschale" von 40 Euro berechnen.
Sie können beim Geschäftsabschluss mit Ihren Kunden abweichende Zahlungsziele vereinbaren. Für Abnahme- und Zahlungsfristen gibt es jedoch gesetzliche Höchstgrenzen (im Regelfall 30 bzw. 60 Tage).
Gegen Schuldner, die in Verzug geraten sind, können Sie ein gerichtliches Mahnverfahren einleiten.
Abgesehen von der rechtlichen Situation hat der Umgang mit Nichtzahlern aber immer auch pragmatische Aspekte. Eine gut formulierte Mahnung kann den Zahlungseingang veranlassen und gleichzeitig die Geschäftsbeziehung erhalten.
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Drei Mahnungen sind Pflicht? Von wegen!
Es gibt geschäftliche Gepflogenheiten, die im Laufe der Jahre einen unhinterfragten Kultstatus bekommen haben und unabhängig von ihrem Sinngehalt befolgt werden. Dazu gehören auch die klassischen Eskalationsstufen im Mahnwesen, ausgehend von
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einer freundlichen Zahlungserinnerung ("… haben Sie gewiss übersehen …")
über die 1. Mahnung ("… konnten wir leider noch keinen Zahlungseingang feststellen …") und
die eine bereits etwas energischere 2. Mahnung ("… zahlen Sie bitte umgehend den offenen Rechnungsbetrag …")
bis hin zur "unmissverständlichen" 3. und letzten Mahnung ("Sollten Sie diese letzte Zahlungsfrist unbeachtet verstreichen lassen, werden wir …"), in der das anschließende
gerichtliche Mahnverfahren angedroht wird
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Dabei ist das rechtlich betrachtet keineswegs geboten, denn die Pflicht zum geduldigen Verschicken mehrerer Mahnungen hat es in Wirklichkeit nie gegeben.
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Automatisch in Verzug per Gesetz
Bis vor ein paar Jahren hatten Gläubiger noch das Problem, ihre Geldschuldner nachweislich "in Verzug" zu setzen. Sofern ein genau festgelegter Fälligkeitstermin nicht bereits im Vertrag festgelegt war, hatte die Mahnung daher früher die Funktion, nachträglich einen verbindlichen Zahlungszeitpunkt festzusetzen. Erst wenn dieser Termin verstrichen war, befand sich der Schuldner im Zahlungsverzug, erst dann konnten der "Verzugsschaden" in Form von Zinsen auf die ausstehende Forderung geltend gemacht und die Kosten eines gerichtlichen Mahnverfahrens auf den Schuldner abgewälzt werden.
Dieses umständliche Verfahren hat das Gesetz zur Beschleunigung fälliger Zahlungen bereits vor Jahren überflüssig gemacht. Seit einer ersten einschneidenden Änderung des § 286 BGB kommt der Schuldner einer Geldforderung grundsätzlich spätestens (!) "30 Tage nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung" in Verzug. Vorausgesetzt ist dabei, dass die Leistung, aus der sich die Geldforderung ergibt, unstrittig und vollständig erbracht ist.
Im Zuge der großen Schuldrechtsreform wurde der Verzugs-Paragraf dann noch einmal konkretisiert. Dort heißt es seitdem:
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Zitat § 286 Abs. 3 BGB
"Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist.
Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug."
(Kompletter Paragraf)
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Gegenüber Privatleuten ist die Verzugsautomatik also nur dann wirksam, wenn der Unternehmer auf der Rechnung ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht hat (Tipps zur formellen Angabe finden Sie in unserem Leitfaden über korrekte Rechnungen).
Für B2B-Geschäfte gilt: Falls unklar ist, wann die Rechnung beim Empfänger angekommen ist (= "Zugang der Rechnung oder Zahlungsaufstellung"), kommt es auf den Zeitpunkt der Lieferung oder Leistungserbringung an. Geschäftskunden können den Eintritt des Verzugs also nicht mit Hinweis auf eine vermeintlich fehlende Rechnung verhindern!
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Früherer Verzug kann vereinbart werden
Unabhängig davon, ob der Empfänger ein Geschäfts- oder Privatkunde ist, kann auch ein früherer Verzugsbeginn vereinbart werden.
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Rechtsfolgen des Verzugs
Sobald Ihr Schuldner in Verzug ist, dürfen Sie Ihren eingetretenen "Verzugsschaden" geltend machen. Das geschieht in Form von Mahngebühren und einer Verzinsung der ausstehenden Geldforderung: Die maximale Höhe der Verzugszinsen ist im § 288 BGB genau festgelegt:
Zwischen Geschäftsleuten darf der Zinssatz neuerdings 9 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz der Deutschen Bundesbank (von aktuell -0,88 % [minus!], Stand: Februar 2018) liegen – derzeit also bei 8,12 %.
Gegenüber Verbrauchern liegt der erlaubte Zinssatz 5 Prozentpunkte über dem genannten Basiszinssatz (im Moment also bei 4,12 %).
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Rechnen erforderlich
Um Missverständnissen vorzubeugen: Alle Zinssätze beziehen sich auf ein ganzes Jahr. Sie dürfen die Rechnungssumme also nicht einfach um fünf bis neun Prozent erhöhen!
Bei einer Forderung gegenüber einem Geschäftskunden in Höhe von 5.000 Euro und einer Verzugsdauer von sechs Wochen (= 42 Tagen) ergeben sich derzeit zum Beispiel Verzugszinsen von knapp 50 Euro (5.000 Euro x 8,12 % = 406 Euro / 360 x 42 = 47,37 Euro).
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B2B-only: 40-Euro-Mahnpauschale
Neben der Anhebung des Verzugs-Zinssatzes hat das "Gesetz zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr" (PDF, 56 KB) vor einiger Zeit wichtige Änderungen beim Thema Mahngebühren mit sich gebracht:
Gerät ein Geschäftskunde oder ein öffentlicher Auftraggeber in Verzug, darf der Rechnungsteller gemäß § 288 Abs. 5 BGB ohne weitere Nachweise eine Mahnpauschale in Höhe von 40 Euro geltend machen – bei nachweislich höheren Aufwendungen auch mehr.
AGB-Klauseln, die Zahlungsfristen von mehr als 30 Tagen oder Überprüfungs- und Abnahmefristen von mehr als 15 Tagen vorsehen, sind ungültig.
Bei einzeln ausgehandelten Verträgen dürfen öffentliche Auftraggeber in Zukunft Zahlungsfristen von höchstens 30 Tagen setzen. Nur in Ausnahmefällen darf das Zahlungsziel 60 Tage betragen.
Privatwirtschaftliche Auftraggeber dürfen ein Zahlungsziel von maximal 60 Tagen setzen. Nur in Ausnahmefällen darf die Zahlungsfrist länger sein. Mit anderen Worten: Unabhängig vom Wortlaut des einzelnen Vertrags muss künftig spätestens zwei Monate nach Rechnungseingang gezahlt werden – sonst ist der Geschäftskunde im Verzug.
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Keine Mahnpauschale bei Privatpersonen
Gegenüber Verbrauchern (= Privatpersonen) dürfen Sie die 40-Euro-Pauschale nicht in Rechnung stellen! Hier bleibt es bei den klassischen "Mahngebühren".
Genaue Vorgaben über deren Höhe gibt es nach wie vor nicht. Als angemessener Ausgleich für die entstandenen Material- und Versandkosten (nicht jedoch die Bearbeitungskosten!) gilt in vielen Branchen eine Größenordnung von 2,50 Euro pro Mahnung. Voraussetzung für das Erheben von Mahngebühren ist aber auch und gerade gegenüber Privatkunden, dass sich der Kunde bereits in Verzug befindet. Wird der Schuldner durch die erste Zahlungserinnerung oder Mahnung überhaupt erst in Verzug gesetzt, dürfen für diese Mahnung keine Gebühren erhoben werden!
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Gerichtliches Mahnverfahren
Sobald der Verzug eingetreten ist, können Sie außerdem ohne Weiteres das gerichtliche Mahnverfahren einleiten. Die dabei entstehenden Kosten muss der Schuldner tragen. Bereits die Ankündigung eines gerichtlichen Mahnbescheids wirkt dabei oft Wunder: Auch wenn die Rechnung nicht sofort und in voller Höhe beglichen wird, rühren viele Zahlungspflichtige sich dann wenigstens.
Das gerichtliche Mahnverfahren selbst ist ziemlich einfach:
Sie besorgen sich den erforderlichen Vordruck im Schreibwarenhandel und füllen einige wenige Felder aus.
Sie reichen den Antrag bei dem für Ihren Standort zuständigen zentralen Mahngericht ein. Welches das ist, erfahren Sie unter Online-Mahnportal.
Das Gericht prüft Ihr Anliegen lediglich formal auf Plausibilität hin und erlässt daraufhin den Mahnbescheid an Ihren Schuldner.
Nach der Zustellung des gerichtlichen Mahnbescheids hat Ihr Kunde 14 Tage lang Zeit, vor Gericht Widerspruch einzulegen. Widerspricht er, wissen Sie zumindest, woran Sie sind, und können überlegen, ob Sie mit einer Zivilklage vor Gericht zu Ihrem Recht kommen wollen.
Widerspricht Ihr Schuldner nicht, können Sie unmittelbar anschließend einen Vollstreckungsbescheid erwirken und Ihre Forderung durch einen Gerichtsvollzieher durchsetzen lassen.
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Online-Mahnservice
Die deutschen Mahngerichte bieten seit einiger Zeit die Möglichkeit, gerichtliche Mahnbescheide via Internet zu erwirken. Die Handhabung des "Online-Mahnantrags" ist vergleichsweise einfach. Den fertigen Antrag können Sie wahlweise ausdrucken und per Post an das zuständige Mahngericht schicken oder gleich online übermitteln. Dafür benötigen Sie dann aber eine digitale Signatur und eine Signaturkarte.
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Die Kosten für den Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids sind im Gerichtskostengesetz festgelegt. Die Gerichtgebühren werden auf die Forderungssumme aufgeschlagen - sind zunächst jedoch vom Antragsteller aufzubringen. Die Gebühren liegen zum Glück in erschwinglichen Größenordnungen. Anhaltspunkte für die Größenordnung von Gerichtskosten bei Mahnbescheiden:
bis 1.000 Euro: 32 Euro,
2.500 Euro: 54 Euro,
5.000 Euro: 73 Euro,
10.000 Euro: 120,50 Euro.
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Gratwanderung: Kommunizieren oder klagen?
Auch wenn Geldschuldner inzwischen schneller in Verzug geraten und Mahnbescheide recht einfach zu erwirken sind, sollten Sie den Schwerpunkt auf eine angemessene und dabei freundliche Kundenkommunikation setzen. Denkbare Möglichkeiten gerade bei Kunden, deren Zahlungsmoral nicht über jeden Zweifel erhaben scheint, sind:
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Auf jede Ausgangsrechnung schreiben Sie einen positiv formulierten, aber unmissverständlichen Zahlungshinweis wie diesen:
"Der Rechnungsbetrag ist sofort fällig. Um Ihnen und uns unnötige Kosten zu ersparen, verzichten wir auf ein mehrstufiges Mahnverfahren. Sollten Sie diese Rechnung im Laufe der nächsten 30 Tage nicht begleichen, geraten Sie gemäß § 286 BGB automatisch in Zahlungsverzug. Ab diesem Zeitpunkt berechnen wir Verzugszinsen in Höhe von 8,12 Prozent p.a. Außerdem müssen alle Kosten eines eventuell folgenden gerichtlichen Mahnverfahrens von Ihnen getragen werden. Bitte setzen Sie sich daher bei absehbaren Zahlungsverzögerungen rechtzeitig mit uns in Verbindung."
Kurz vor Eintritt des Verzugs weisen Sie telefonisch auf den Ablauf der Zahlungsfrist hin und vergewissern sich so, dass die Rechnung auch tatsächlich eingetroffen ist.
Nach Eintritt des Verzugs schicken Sie eine (einzige) schriftliche Mahnung. Darin geben Sie die Rechnungsnummer, das Rechnungsdatum und den Zeitpunkt des Verzugsbeginns an. Rechnen Sie dabei ruhig großzügige Postlaufzeiten von drei Tagen ein. Weisen Sie noch einmal auf die gesetzliche Grundlage des eingetretenen Zahlungsverzugs hin und teilen Sie den Termin mit, an dem Sie das gerichtliche Mahnverfahren einleiten werden.
Kalkulieren Sie dabei je nach Forderungssumme und Dauer der bisherigen Geschäftsbeziehungen einen Puffer von einigen Tagen bis zu zwei Wochen ein, damit Ihr Kunde genügend Zeit hat, mit Ihnen zu einer außergerichtlichen Einigung zu kommen.
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Fazit
Eine klares und selbstbewusstes Kommunikationsverhalten in Rechnungsangelegenheiten steht keineswegs im Widerspruch zu guten und verständnisvollen Kundenbeziehungen: Selbstverständlich können und sollten Sie Fingerspitzengefühl an den Tag legen und Ihren Geschäftspartnern im Einzelfall entgegenkommen.
Wichtig ist aber, dass der Verfahrensrahmen klar ist und die Beteiligten offen miteinander kommunizieren. Sorgen über Auftragsverluste sollten Sie sich nicht machen: Seriöse Kunden wissen professionelles Forderungsmanagement sogar zu schätzen.
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Keine Zahlung? Kontakt herstellen!
Die rechtliche Seite ist wichtig. Nicht weniger relevant ist jedoch auch der pragmatische Aspekt erfolgreicher Inkassomaßnahmen. Verschwenden Sie keine Energie damit, sich zu ärgern, wenn ein Auftraggeber oder Kunde nicht zahlt – so natürlich diese Reaktion auch ist. Es gilt herauszufinden: Warum zahlt der Kunde nicht?
Unzufriedenheit, finanzielle Probleme, grundsätzlich schlechte Zahlungsmoral – von der Antwort hängt ab, welche Strategie sinnvoll ist. Und um diese Antwort zu finden, müssen Sie Kontakt aufnehmen. Der beste Weg dazu ist das direkte Gespräch. Bleiben Sie neutral und sachlich. Lassen Sie sich weder provozieren noch einwickeln. Zunächst geht es nur darum,
den Schuldner an die Zahlung zu erinnern, falls diese tatsächlich vergessen wurde;
ihm zu signalisieren, dass Sie auf das Nichtbezahlen reagieren und
herauszufinden, warum nicht bezahlt wurde.
Alles Weitere können Sie in Ruhe nach dem Gespräch entscheiden.
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Forderungsmanagement, Umgang mit Schuldnern
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