Private Internetnutzung am Arbeitsplatz

Was darf der Arbeitgeber vorschreiben?

Haben Angestellte ein Recht auf private Internet-Nutzung am Arbeitsplatz? Was darf der Arbeitgeber verbieten bzw. vorschreiben? Darf er den E-Mailverkehr und das Surf-Verhalten kontrollieren? Wir erläutern die rechtliche Situation.

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Haben Angestellte ein Recht auf private Internet-Nutzung am Arbeitsplatz? Was darf der Arbeitgeber verbieten bzw. vorschreiben? Darf er den E-Mailverkehr und das Surf-Verhalten kontrollieren? Wir erläutern die rechtliche Situation.

Ist die Einschränkung der privaten Internetnutzung am Arbeitsplatz sinnvoll? Das ist eine strittige Frage:

Wenn Ihre Mitarbeiter nach Lust und Laune im Web herumsurfen und private E-Mails verschicken, steigt das Risiko einer Virus- oder Hackerattacke. Die Arbeitsleistung der Mitarbeiter sinkt, Computer und Verbindung werden womöglich - etwa durch umfangreiche Downloads - stärker belastet. Andererseits wird ein umfassendes Verbot privater Internet-Nutzung der Motivation und dem eigenständigen Arbeiten der Mitarbeiter genauso wenig förderlich sein wie dem Betriebsklima generell. Dies gilt umso mehr, als ein Verbot ja nur dann Sinn macht, wenn es auch überwacht wird.

Neben den pragmatischen und betriebswirtschaftlichen Aspekten dieser Entscheidung ist auch die rechtliche Situation zu beachten. Ist die Einschränkung der privaten Internetnutzung am Arbeitsplatz rechtlich möglich? Oder muss ein Betrieb privates Surfen und Mailen dulden? Lassen sich Regelungen zwischen der völligen Freigabe und dem Komplettverbot rechtssicher festlegen?

Im Einzelfall ist den Betroffenen eine rechtliche Beratung durch einen Rechtsanwalt zu empfehlen. Dies gilt besonders für die Frage, in welcher Form eine Überwachung zulässig ist.

Regelung der Internetnutzung

Im Prinzip muss der Chef private Internet-Nutzung nicht dulden. Ihre Mitarbeiter haben keinen Rechtsanspruch auf privates Surfen oder Erledigung Ihrer persönlichen E-Mail-Korrespondenz am Arbeitsplatz. Diese Aktivitäten können Ihnen durch betriebliche Vereinbarung oder beim Abschluss des Arbeitsvertrages verboten werden.

Neben einem umfassenden Verbot besteht aber auch die Möglichkeit, Mitarbeitern nur bestimmte Nutzungsformen zu untersagen, beispielsweise das Herunterladen oder Öffnen bestimmter Dateientypen, wie ausführbarer Programme, oder den Aufruf pornografischer Inhalte. In diesem Fall werden Sie am besten konkret und geben genau an, welche Dateitypen nicht heruntergeladen bzw. welche konkreten Internetseiten nicht aufgerufen werden dürfen.

Betriebliche Vereinbarungen zur Internet-Nutzung

Bei Internetrecht-Rostock.de gibt es neben wichtigen gerichtlichen Entscheidungen Muster-Texte zur "Internetnutzung am Arbeitsplatz" für Arbeitsverträge und Betriebsvereinbarungen, die die geringfügige Nutzung gestatten, Missbrauch jedoch ausschließen.

Wenn Sie Ihre Mitarbeiter einfach ohne jede Regelung surfen lassen, können Sie später rechtlich viel schwerer gegen sie vorgehen, auch wenn sie etwa Pornographie konsumiert oder Viren verbreitet haben. Denn dann kann sich der Arbeitnehmer häufig auf die sogenannte betriebliche Übung berufen. Normalerweise kommt eine Kündigung nur dann infrage, wenn Sie klare Regelungen getroffen haben, gegen die der Mitarbeiter verstoßen hat.

Immerhin: Auch eine Erlaubnis oder Duldung stellt keinen umfassenden Freibrief für den Arbeitnehmer dar. In Ausnahmefällen sind Sie auch dann zur Kündigung berechtigt. Dies ist nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes dann der Fall, wenn die Nutzung in so einem Ausmaß erfolgt, dass der Angestellte selbst bei einer prinzipiellen Erlaubnis nicht mehr von einem Einverständnis seines Arbeitgebers ausgehen darf.

Durch privates Surfen dürfen dem Arbeitgeber zunächst einmal keine höheren Kosten entstehen. Aber auch ohne das Entstehen einer zusätzlichen Kostenbelastung für den Arbeitgeber darf ein Arbeitnehmer nicht einfach eine erhebliche Menge von Daten auf seinen Rechner im Büro herunterladen. Das gilt vor allem dann, wenn dadurch die Gefahr von möglichen Vireninfektionen oder anderen Störungen des betrieblichen Systems besteht. Auch dürfen keine Daten geladen werden, durch die der Ruf des Arbeitgebers geschädigt werden könnte. Das gilt insbesondere dann, wenn es sich um pornografische oder strafbare Daten handelt. Denn hier besteht die Gefahr, dass er dadurch polizeilichen oder staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen ausgesetzt wird. Schließlich darf durch die private Surferei nicht ein größerer Teil der Arbeitszeit in Anspruch genommen werden (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 31.05.2007, Aktenzeichen 2 AZR 200/06).

Im Falle einer besonders ausschweifenden privaten Nutzung kommt sogar der Ausspruch einer fristlosen Kündigung ohne vorhergehende Abmahnung in Betracht. Dies gilt nicht nur bei einem ausdrücklichen Verbot der Nutzung, sondern auch, soweit der Arbeitgeber den Umgang mit dem Internet überhaupt nicht geregelt hat. Denn jedem Arbeitgeber muss hier ohne Hinweis einleuchten, dass er hierdurch seine Pflichten aus dem Arbeitsvertrag auf eklatante Weise verletzt. Soweit es sich dabei auch noch um pornographische Dateien handelt, muss der Arbeitnehmer mit einer fristlosen Beendigung seines Arbeitsverhältnisses ohne Abmahnung auch dann rechnen, wenn der Arbeitgeber ansonsten das private Surfen duldet (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 07.07.2005, Aktenzeichen 2 AZR 581/04).

Besonders schwerwiegend ist es, wenn es sich dabei um Kinderpornografie handelt und dem Arbeitnehmer die Nutzung des Internets sogar untersagt worden ist. Der Arbeitnehmer missbraucht hier die betrieblichen Computer zur Begehung einer Straftat nach § 184b StGB. Dieses Verhalten stört das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber so schwerwiegend, dass normalerweise eine fristlose Kündigung ohne vorherige Abmahnung zulässig ist. Im zugrundeliegenden Fall kam noch erschwerend hinzu, dass sich der Arbeitnehmer den unerlaubten Zugang über den Arbeitsplatz eines Kollegen verschafft hatte (Landesarbeitsgericht München, Urteil vom 14.04.2005 Aktenzeichen 4 Sa 1203/04).

Überwachung

Das Aussprechen von Verboten ist eine Sache, die Einhaltung eine andere. Wie weit dürfen Sie das Verhalten Ihrer Mitarbeiter überwachen?

Je nach Art der Kontrollmaßnahme besteht die Gefahr, dass Sie den Arbeitnehmer in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht nach Art. 1 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 1 GG verletzen. Dies gilt besonders bei der Überwachung der E-Mail-Korrespondenz, weil hier unter Umständen persönliche Daten preisgegeben werden. In dem Fall einer unzulässigen Überwachung müssen Sie damit rechnen, dass der Arbeitnehmer gegen Sie im Wege der Unterlassungsklage analog § 1004 BGB vorgeht oder Sie sogar auf Schadensersatz nach § 823 BGB verklagt. Darüber hinaus besteht die Gefahr, dass Sie einen Kündigungsschutzprozess verlieren, weil Sie dem Arbeitnehmer sein Fehlverhalten aufgrund eines Beweisverwertungsverbotes nicht nachweisen, d. h. die Aufzeichnungen vor Gericht nicht verwerten können.

Auf der anderen Seite gilt auch das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers nicht grenzenlos. Es bedarf vielmehr einer Abwägung mit Ihren berechtigten Interessen als Arbeitgeber, zu denen vor allem die Vermeidung einer unnötigen Belastung des betrieblichen Datennetzes und das Unterbinden von strafbaren Handlungen gehört.

Ihre Befugnisse richten sich danach, ob und inwieweit Sie die private Nutzung erlauben. Wenn Sie diese verbieten, dürfen Sie auf jeden Fall die sogenannten äußeren Verbindungsdaten erfassen, denn dann können Sie davon ausgehen, dass alle E-Mails geschäftlicher Natur sind und keine schützenswerten privaten Informationen enthalten. Zu den äußeren Verbindungsdaten zählen Uhrzeit, Datum, Datenmenge und Teile der E-Mail-Adresse des Empfängers (Domainname).

Inwieweit Sie auch die Inhalte von E-Mails lesen dürfen, ist umstritten. Auf eine Inhaltskontrolle sollten Sie jedoch lieber verzichten, wenn Sie Schadensersatzansprüche Ihrer Mitarbeiter ausschließen wollen. Von dem Einsatz einschlägiger Kontroll-Software ist ebenfalls eher abzuraten. Schließlich ermöglicht diese eine umfassende Kontrolle Ihres Mitarbeiters und dadurch generell die Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts.

Falls Sie die private Nutzung erlauben, dürfen Sie die äußeren Verbindungsdaten ebenfalls erfassen, wenn Sie die Kosten der privaten Nutzung abrechnen und deshalb die Zeiten erfassen müssen. Wenn jedoch keine private Abrechnung bezüglich der privaten Onlinezeit erfolgt, sollten Sie eine Kontrolle nur vornehmen, um einen Missbrauch zu vermeiden. Optimal ist es, wenn Sie in einer Betriebsvereinbarung auch festlegen, wann ein Missbrauchsfall vorliegt und unter welchen Modalitäten Sie die Kontrollen durchführen (Zufallskontrolle oder nur bei einem bestehenden Missbrauchsverdacht, Art der erfassten Daten).

Sinnvoll ist zum Beispiel, dass Ihr Arbeitnehmer alle privaten E-Mails in der Betreffzeile entsprechend kennzeichnen muss. In diesem Fall können Sie die übrigen E-Mails so kontrollieren wie bei einem generellen Verbot der privaten Nutzung, denn dann ist bei nicht gekennzeichneten E-Mails davon auszugehen, dass sie geschäftlicher Natur sind. In Ausnahmefällen kommt auch bei entsprechender Kennzeichnung eine Kontrolle des Inhalts von E-Mails in Betracht. Dies gilt z. B. dann, wenn der begründete Verdacht einer strafbaren Handlung (wie etwa das Herunterladen von kinderpornografischen Dateien) oder des Verrats- von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen besteht.

Besonders zurückhaltend sollten Sie mit Kontrollen sein, wenn Sie Ihren Mitarbeitern extra einen kennwortgeschützten Bereich für ihre privaten Daten zur Verfügung stellen, dessen Kennwort Ihnen nicht bekannt ist. Der Arbeitnehmer kann dann davon ausgehen, dass Sie generell keinen Zugriff haben. Wenn Sie sich darüber hinwegsetzen, machen Sie sich womöglich sogar nach § 202 a StGB wegen unbefugten Ausspähens von Daten strafbar. Bei dem Kennwortschutz handelt es sich nämlich um eine Zugangssicherung im Sinne dieser Vorschrift, die aufgrund Ihrer Zielrichtung auch Ihnen gegenüber gilt. Anders ist dies nur in besonderen Ausnahmefällen. Ein solcher Fall liegt unter Umständen dann vor, wenn das Computernetzwerk aufgrund der geladenen Daten zusammenzubrechen droht oder der Verdacht einer Straftat besteht.

Prinzipiell können Sie sich eine Menge Ärger ersparen, wenn Sie vor Beginn der Überwachung die Zustimmung des Betriebsrats einholen. Sämtliche Maßnahmen sind mitbestimmungspflichtige Angelegenheiten, weil es sich um technische Einrichtungen im Sinne des § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG handelt, die zum Überwachen des Verhaltens der Arbeitnehmer bestimmt sind.

Fazit

Auch wenn ein generelles Verbot der privaten Internetnutzung am Arbeitsplatz nicht unbedingt sinnvoll ist: Eine klare Regelung der erlaubten Nutzung in Form von Betriebsvereinbarungen oder im Arbeitsvertrag gibt Ihnen eine Handhabe, um gegen Internet-Missbrauch durch das Personal vorzugehen. Vorsichtig sein sollten Sie bei Überwachungsmaßnahmen: Ein generelles Vorgehen nach dem Motto "... Kontrolle ist besser!" kann Ihnen leicht mehr Ärger als Sicherheit einbringen. Und schließlich gilt abseits aller juristischen Bestimmungen auch hier der Grundsatz, dass eine tragfähige, innerbetriebliche Vertrauensbasis mehr Vorteile besitzt als jede Form juristischer oder technologischer Absicherung.