Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Haftung - neue Rechtsform für Rechtsanwälte, Steuerberater und andere Freiberufler?

Welche Chancen bietet die „Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung“ - und welche Chancen hat die Rechtsform selbst?

Rechtsanwälte und Steuerberater sollen nicht mehr voll in der Haftung
für die möglichen Fehler von Partnern in ihrer Kanzlei stehen: Das ist
das Motiv hinter den Plänen zur Einführung einer neuen Form der
Partnerschaftsgesellschaft für Freiberufler mit beschränkter
Berufshaftung. Wir haben uns das Konzept genauer angesehen.

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Das Bundesministerium der Justiz plant ein neues Gesetz zur Regelung der gesellschaftsrechtlichen Verbundenheit von Freiberuflern, insbesondere Rechtsanwälten und Steuerberatern. Seit Februar 2012 liegt das Gesetz zur Einführung einer Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung und zur Änderung des Berufsrechts der Rechtsanwälte, Patentanwälte und Steuerberater“ (PDF-Dokument) als Referentenentwurf des BMJ vor.

Vorschlag für eine neue Rechtsform: Die Partnerschaftsgesellschaft mit Haftungsbegrenzung

Das Bundesministerium für Justiz will eine neue Gesellschaftsform für Freiberufler, insbesondere Rechtsanwälte und Steuerberater, aus der Taufe zu heben. Die offizielle vorgeschlagene Bezeichnung der neuen Gesellschaftsform lautet „Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung“.

Insbesondere im Blickfeld hat man bei der Neuregelung Rechtsanwälte, Patentanwälte und Steuerberater. Durch die entsprechende Anwendung im jeweiligen Berufsrecht können andere freie Berufe wie Wirtschaftsprüfer dann aber ggf. ebenfalls von dieser Gesellschaftsform Gebrauch machen. Denn individuelle Vorschriften zur jeweiligen Berufshaftpflichtversicherung sollen in den Gesetze der unterschiedlichen Freien Berufe geregelt werden.

Das Ministerium plant für Rechtsanwälte als Gegenstück zur Haftungsbeschränkung eine angemessene Versicherung in Höhe von mindestens 2,5 Millionen € . Hingegen soll die Gesellschaft, wenn sie aus Steuerberatern besteht, nur angemessen versichert sein. Ob diese Ungleichbehandlung verfassungsrechtlich Bestand hat, darf man wohl anzweifeln.

Gesellschaftsrechtlich dürfte die neue Gesellschaftsform nicht im GmbH-Gesetz sondern vielmehr in den Regelungen zur Partnerschaft angesiedelt sein. Auch die neue Gesellschaftsart wäre dann im Partnerschaftsregister einzutragen. Die Partnerschaft muss einen entsprechenden Namenszusatz führen. Dieser könnte zum Beispiel „mbB“ lauten.

Die normale Partnerschaftsgesellschaft soll neben der Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung weiterbestehen.

Das Haftungsproblem für mittlere und größere Anwaltskanzleien

Die vorgeschlagene Rechtsform soll die Haftungsbeschränkung erweitern und vor allem das Haftungsrisiko aus beruflichen Fehlern der Kollegen begrenzen.

Die Haftungsbegrenzung für Rechtsanwälte ist ein weit reichendes Thema und sorgt immer wieder für Differenzen im politischen Umfeld. Die Steuerberater etwa können ihre Haftung mittels Allgemeiner Geschäftsbedingungen auf ein Mindestmaß begrenzen - Rechtsanwälten ist das bislang nicht möglich.

Motiviert durch den europäischen Wettbewerb soll es nun auch Rechtsanwälten in naher Zukunft möglich gemacht werden, durch Allgemeine Geschäftsbedingungen ihre Haftung vertraglich minimieren zu können. Dann wäre die Beschränkung der Haftung auf grobe Fahrlässigkeit möglich.

Vor allem praktische Schwierigkeiten machen es notwendig, die neue Gesellschaftsform ins Leben zu rufen. In den Teams innerhalb einer Partnerschaftsgesellschaft sind die Aufgaben häufig zu unterschiedlich, um haftungsrechtlich handhabbar zu sein. Die unterschiedlichen Qualifikationen innerhalb der verschiedenen Beratungsfelder machen es notwendig, die Haftung zu begrenzen, weil Anwälte oder Steuerberater über das eigene Fachwissen hinaus nicht die Möglichkeit haben, die Tätigkeiten der anderen Rechtsanwälte oder Steuerberater innerhalb einer Gesellschaft zu überwachen. Im Rahmen einer normalen Partnerschaftsgesellschaft haften sie aber trotzdem und müssen für fremde Tätigkeiten die volle Verantwortung übernehmen.

Die Rechtsform-Problematik von Kanzleien in Deutschland

Viele mittlere und größere Kanzleien stehen vor dem Problem, dass ihnen in Deutschland nur ein beschränktes Gesellschaftsrecht zur Verfügung steht. Es gibt zwar

  • die Partnerschaften,

  • die Gesellschaft bürgerlichen Rechts,

  • die GmbH und

  • die Aktiengesellschaft.

Sie halten aber allesamt nicht den Anforderungen an eine Rechtsform für Kanzleien mit mehreren, auf unterschiedlichen Feldern tätigen Anwälten oder Beratern stand. Das zeigt sich besonders, wenn man die Möglichkeiten im europäischen Vergleich sieht.

Daran ändert auch die Tatsache nicht, dass das Gesellschaftsrecht für Rechtsanwälte und sonstige Freiberuflereinem steten Wandel unterzogen ist. Mit viel Aufwand und Mühe durfte eine Rechtsanwaltsgesellschaft zunächst GmbH und dann auch Aktiengesellschaft werden. Ob eine Gesellschaftsform im Rahmen einer OHG oder Kommanditgesellschaft für Rechtsanwälte möglich sein soll, ist hoch umstritten und wird in der Rechtsprechung zurzeit verneint. Allerdings dürfte sich auch hier angesichts der europäischen Konkurrenzsituation die Rechtsprechung nicht aufrechterhalten lassen.

Ein Versuch, die Abwanderung von Kanzleien zu begrenzen

Der Entwurf des neuen Konzeptes für die Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung entstand aufgrund unbefriedigender Regelungen im deutsche Gesellschaftsrecht. Sind für Rechtsanwälte oder Steuerberater die Anforderungen an die Ausübung des Berufs zu hoch gesteckt, richtet sich der Blick automatisch darauf, ob in den umliegenden Länder die bestmögliche Gesellschaftsform bzw. der optimalen Gesellschaftsvertrag zu finden: Viele Kanzleien zieht es in das europäische Ausland. Die ausländische Rechtsform muss in Deutschland anerkannt werden. Dank der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes zur Niederlassungsfreiheit kann eine im europäischen Ausland gefundene Rechtsform in Deutschland weitergeführt werden.

Diese Entwicklung musste auch das Bundesministerium für Justiz zur Kenntnis nehmen, das sich offenbar nicht mit dem weiteren Wegzug etwa von Rechtsanwaltsgesellschaften abfinden will. So wie die Unternehmergesellschaft (Haftungsbeschränkt ) als Gegenstück zur britischen Limited eingeführt wurde, soll die „Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung“ ein Gegenstück zur britischen Limited Liability Partnership (LLP) bieten.

Das Bundesministerium für Justiz will damit die „gesellschaftsrechtliche Abwanderung“ einer vermögenden Berufsgruppe aus Deutschland stoppen. Ähnlich wollte das Bundesministerium allerdings in der Vergangenheit bereits schon die europäische GmbH ins Leben rufen, was dann an innenpolitischen Differenzen gescheitert ist. Ob der „Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung“ ein reibungsloserer Durchlauf durch die Gesetzgebungsverfahren beschieden ist, bleibt abzuwarten.

Falls die neue Rechtsform tatsächlich kommt: Folgekosten

Für die Versicherungswirtschaft ergeben sich neue Betätigungsfelder, da mit dem Abschluss einer Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung Mehrkosten entstehen und eine erweiterte Versicherungspflicht gesetzlich vorgeschrieben wird. Das Bundesministerium der Justiz rechnet mit Mehrkosten in Höhe von jährlich ca. 5 Millionen €.

Mit dem neuen Gesetz bzw. der neuen Gesellschaftsform entstehen auch Bürokratiekosten aus damit verbundenen Informationspflichten. Der vorgesehene neue § 4 Abs. 3 Partnerschaftsgesetz macht für die Anmeldung einer derartigen neuen Gesellschaft die Einreichung von Versicherungsunterlagen zur Pflicht:

Der geplante neue § 4 Abs. 3 PartGG

„(3) Der Anmeldung einer Partnerschaft mit beschränkter Berufshaftung nach § 8 Absatz 4 muss ein entsprechender Versicherungsnachweis beigefügt sein.“

Da nicht absehbar ist, wie viele Kanzleien von der neuen Gesellschaftsform Gebrauch machen, sind diese Kosten nicht bezifferbar.

Die Bundesrechtsanwaltsordnung soll dergestalt angepasst werden, dass die Partnerschaftsgesellschaften mit beschränkter Berufshaftung den Beginn und die Beendigung des Versicherungsvertrages für die Gesellschaft sowie etwaige Änderungen mitzuteilen haben, sofern dadurch der jeweilige Versicherungsschutz beeinträchtigt wird. Insofern wird dann auch § 51a Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit § 51 Abs. 6 Satz 1 Bundesrechtsanwaltsordnung geändert werden. Kosten sollen für diese Änderung in Höhe von jährlich ca. 840 € entstehen.

Eine ähnliche Regelung betrifft die Patentanwälte, deren Patentanwaltsordnung in § 45 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit § 45 Abs. 6 Satz 1 Patentanwaltsordnung geändert werden soll. Aufgrund der sehr geringen Anzahl der Patentanwälte sind die Gesamtkosten nur als gering einzustufen.

Für die Gerichtsverwaltung, die Rechtsanwaltskammern und die Steuerberaterkammern entsteht ein Mehraufwand durch die Erfüllung der Verpflichtung, Auskünfte zur Berufshaftpflichtversicherung der jeweiligen Gesellschaft zu erteilen. Die Höhe wurde vom Bundesministerium bislang nicht beziffert.

Einzelheiten zur Haftung und zur Versicherung der Haftpflicht

Inhaltlich soll den Gläubigern das Gesellschaftsvermögen haften (wenn die Partnerschaft eine zu diesem Zweck durch Gesetz begründete Berufshaftpflichtversicherung unterhält und der Zusatz „mit beschränkter Berufshaftung“ oder eine andere allgemein verständliche Abkürzung enthalten ist.

Die Versicherungssumme beträgt 2.500.000 € für jeden Versicherungsfall. Allerdings können die Leistungen des Versicherers für alle innerhalb eines Versicherungsjahres verursachten Schäden auf den Betrag der Versicherungssumme multipliziert mit der Zahl der Partner und der Geschäftsführer, die nicht Partner sind, begrenzt werden.

Die Höchstleistung für das Versicherungsjahr und der darin verursachten Schäden muss mindestens auf den vierfachen Betrag der Versicherungssumme, also auf 10 Millionen € errechnet werden. Sollte sich im Laufe der Zeit herausstellen, dass die Mindestversicherungssumme nicht ausreicht, kann das Bundesjustizministerium durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates und nach Anhörung der Bundesrechtsanwaltskammer die Mindestversicherungssumme erhöhen.

Die Steuerberater haben eine derart explizite Regelung nicht erfahren. Nach Ansicht des Ministeriums ist hier weder aus berufsrechtlichen Gründen noch aus Gründen des Verbraucherschutzes eine Anpassung notwendig. Daher soll die abgeschlossene Berufshaftpflichtversicherung nur „angemessen“ sein und nicht auf einen gewissen Wert festgelegt werden. Über diese Angemessenheit wird aber bereits im Gesetzentwurf offensichtlich diskutiert, so dass dieser Umstand zu zahlreichen Gerichtsurteilen und/oder wohl auch einer Änderung des Gesetzestextes führen dürfte.

Nach Ansicht des Bundesministerium der Justiz soll das Fehlen einer Haftpflichtversicherung den Widerruf der Bestellung zum Steuerberater nach sich ziehen.

Zu erwähnen sei letztlich noch, dass die Finanzbehörden durch Neuregelung von § 5 Abs. 3 Steuerberatungsgesetz (Missbrauch von Berufsbezeichnungen) verpflichtet werden, beim Verdacht der unzulässigen Verwendung der Bezeichnung „Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Haftung“ dieVerfolgung zuständigen Stellen zu unterrichten.

Fazit

Insgesamt ist der Gesetzesentwurf zur Regelung der Zusammenarbeit von Freiberuflern eine sinnvolle Erweiterung des deutschen Gesellschaftsrechtes. Es bleibt aber offen, ob die Kosten und der Verwaltungsaufwand sowie die berufsrechtlichen Folgen durchsetzbar sind und ob damit eine Abwanderung der Freiberufler in das europäische Ausland abgewendet werden kann.

Vor allem die erhöhte Versicherungssumme wird wohl Probleme machen, so dass auch der neue Gesetzesentwurf die einzelnen Kanzleien nicht davon abhalten dürfte, sich nach einem Gesellschaftsrecht umzusehen, das auf die Bedürfnisse der jeweiligen Berater zugeschnitten ist.