Gründen 50 plus - Perspektive "Selbstständigkeit" statt Rente

Warum eine Existenzgründung für viele Senioren Sinn macht

Nur weil man die 50 oder 60 überschritten hat, muss das Berufsleben noch nicht zu Ende sein. Auch für ältere Menschen bietet der Markt gute und interessante Nischen für eine selbstständige Tätigkeit. Wir geben Beispiele für erfolgreiche Gründungen im Alter und beleuchten, was diese Gründungen erfolgreich gemacht hat.

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Nur weil man die 50 oder 60 überschritten hat, muss das Berufsleben noch nicht zu Ende sein. Auch für die reifere Generation bietet der Markt gute und interessante Nischen für eine selbstständige Tätigkeit. Wir geben Beispiele für erfolgreiche Gründungen im Alter und beleuchten, was diese Gründungen erfolgreich gemacht hat.

Kombinierte Berufs- und Lebenserfahrung

Ein Banker wechselte nach 35 Jahren im Bankgeschäft nach einem Burnout die Seiten, ist heute Wirtschaftsmediator und Coach und berät ehemalige Kollegen in ähnlichen Konflikt- und Stresssituationen, wie er selbst sie erlebt hat.

Andere kombinieren ihre Berufs- und Lebenserfahrung mit ihren jetzigen Neigungen - und falls notwendig mit entsprechender Zusatzausbildung. So bauen sie sich einen neuen Wirkungskreis auf: als Texterin, Pflegevater, Restaurator historischer Möbel, Hotelier oder Wechseljahre- oder Ernährungsberaterin.

Mit Spezial-Know-how selbstständig statt arbeitslos

Auch die viel gefürchtete Arbeitslosigkeit bedeutet für über Fünfzigjährige nicht zwangsläufig das berufliche Aus. Nicht nur Architekten, Ingenieure, Grafik-Designer oder Journalisten haben die Möglichkeit, ihre Tätigkeit freiberuflich für verschiedene Auftraggeber auszuüben. Gerade für ältere Gründer bietet etwa die Selbstständigkeit als Berater eine interessante Perspektive, weil sie hier neben ihrer langjährigen Berufs- auch ihre Lebenserfahrung gut verwerten können. Spezialwissen generell ist eine gute Basis für die neue Selbstständigkeit.

Das Wirtschaftsmagazin Brandeins stellt immer wieder Menschen vor, die arbeitslos und jenseits der 50 noch einmal die Kurve kriegen und aus ihrer Berufserfahrung etwas machen. So auch Albrecht Grimm, der, angestoßen durch einen Bekannten, sein Spezial-Know-how wieder schätzen lernte und es nun als freischaffender Ingenieur deutschen Unternehmen im Ausland anbietet. Bei seiner neuen, gut bezahlten Tätigkeit kommt er in der ganzen Welt herum, er berät seine Auftraggeber etwa bei Vertragsverhandlungen und überwacht Baustellen sowie die Abwicklung von Aufträgen in Indien, Kuweit, China, Indonesien und vielen weiteren Länden.

Eine 48-jährige Gründerin aus Bremen wagte 1993 den Sprung in die Selbstständigkeit in ihrem Spezialreisebüro Skandinavien-Tours - dort wirkt die gebürtige Dänin seit 15 Jahren mit Erfolg.

Handwerker etwa, oder gewerbliche Dienstleister wie Friseusen, können ihr Gewerbe ebenso gut als mobile Leistung anbieten. So agieren sie nicht nur besonders kundenfreundlich, sondern sparen sich nebenbei auch die hohen Investitionskosten für eine Werkstatt bzw. einen Salon. Eine Sozialarbeiterin und Friseuse beispielsweise verbindet mit ihrer Tätigkeit als freie Friseuse auch ihre soziale Erfahrung: Alten Menschen schneidet sie daheim in deren vertrauten Umfeld die Haare und erlöst sie so aus ihrer Einsamkeit.

Nischen erkennen und nutzen: Lebensträume

Oft steckt gerade in ausgefallenen Lebensträumen großes Erfolgspotenzial. Als Ausgleich für die Beschäftigung mit trockenen Zahlen hat sich etwa die Hamburger Finanzberaterin Sabine Zimmermann so einen Traum erfüllt. Mit ihrer innovativen Geschäftsidee "Weltliche Trauungen" landete sie ein erfolgreiches Nischen-Business, das ihre Erwartungen sogar weit übertroffen hat. Seit der Gründung vor vier Jahren hat sie parallel zu ihrem Beraterjob mittlerweile weit über 50 Paare "getraut", die sich eine feierliche Trauungszeremonie ohne Kirche wünschen.

Bemerkenswert auch die Geschäftsidee der 71-jährigen Reisebürokauffrau Irma Heyne-Beuse aus Hamminkeln: Ihre Reisen für Trauernde mit einem Trauerberater als Reisebegleiter sind aus ihrer eigenen Betroffenheit und Erfahrung in der ehrenamtlichen Hospizarbeit entstanden.

Ich bin meine eigene Zielgruppe

Haben Sie sich vielleicht insgeheim auch schon oft konstruktive Lösungen ausgedacht für etwas, was Sie in Ihrem Arbeits- oder Alltagsleben als Defizit erleben? Oder sich mehr Aufmerksamkeit für Ihre speziellen Bedürfnisse als 50-plus-Konsument gewünscht? Die Erfahrung zeigt: Gerade weil Sie solche Unzulänglichkeiten am eigenen Leib erleben, ist Ihre Wahrnehmung für die Interessenlage der Älteren viel stärker ausgeprägt. Wer diese Chancen erkennt und mit seiner Geschäftsidee dafür gute Lösungen anbietet, hat bereits gute Erfolgsaussichten. Und auch das Nachfragepotenzial ist angesichts der immer älter werdenden Bevölkerung gesichert.

Ein gutes Beispiel ist der Laden "Nobody is perfect" in Hamburg-Uhlenhorst. Hier bietet Nicole Stephanie für Senioren und andere in der Mobilität eingeschränkte Kunden äußerst praktische und flott designte Gerätschaften - einfach zu bedienende Mobiltelefone und Taschenrechner mit riesigen Tasten etwa, rollende Einkaufstaschen oder Greifzangen für am Boden Liegendes. Längst hat sie eine begeisterte Stammkundschaft, darunter auch viele junge Leute, die froh sind, hier ein nützliches Geschenk für Vater oder Oma zu finden.

Wo ein Wille ist ...

Aber auch fernab des Beratergenres oder gänzlich neuer Ansätze finden sich Wege, Ihr Arbeitsleben bereits vor der Rente frei zu bestimmen oder nach der Rente fortzuführen. Eine gelernte Ingenieurin etwa, die schließlich bei ihrem städtischen Arbeitgeber in Zwangsrente gehen musste, suchte bereits weit vor Ablauf ihrer Zeit als Festangestellte das Gespräch mit ihrem Vorgesetzten. Dieser wollte die Erfahrung seiner Mitarbeiterin nicht missen. Heute, zwei Jahre nach der Rente, arbeitet sie weiterhin als Freie für ihren alten Arbeitgeber, berät und begleitet sie Bauherren ebenso, wie sie es einst als Festangestellte tat - projektgebunden, als freie Mitarbeiterin mit Rahmenvertrag.

Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg.

Fazit

Größter Pluspunkt bei Gründungen im reiferen Alter ist Ihre Erfahrung: Ihre langjährig erworbenen beruflichen Qualifikationen und Ihre Lebenserfahrung. Vermutlich bringen Sie auch eine gute Portion Projekt- und Teamerfahrung ein; Sie kennen Ihre Branche, die Lieferanten und die Bedürfnisse und Wünsche der potenziellen Kunden, Sie sind krisenerprobt und es gewohnt, Verantwortung zu übernehmen. Und vielleicht können Sie sogar schon auf ein Reservoir an Kunden für Ihr neues Geschäft zugreifen.

Die Aussichten für erfolgreiche Gründungen im reiferen Alter sind deshalb ganz allgemein nicht schlecht. Kommen dazu noch eine gute Geschäftsidee, ein durchdachter Plan, Selbstbewusstsein, Mut und etwas Chuzpe, dann ist der Weg in ein erfolgreiches Arbeitsleben als Ihr eigener Chef offen.

Sie haben schon eine erste Geschäftsidee? Oder wollen auf der Basis Ihrer Stärken gezielt ein tragfähiges Geschäftskonzept entwickeln? Dann mal los!

Zum Weiterlesen

"Gründen 50 plus - Die besonderen Chancen und Risiken älterer Existenzgründer" - Der Einstiegs-Ratgeber von akademie.de für ältere Gründer und Gründerinnen.