Autor werden

Wer entscheidet, ob mein Buch veröffentlicht wird?

Sie wollen Autor werden und haben ein Buch geschrieben oder schreiben gerade eines. Und das soll dann auch veröffentlicht werden. Doch wer bestimmt, ob es dazu kommt? Wir nennen die Entscheidungsträger im Buchmarkt.

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Sie haben ein Buch geschrieben oder schreiben gerade eines. Und das soll dann auch veröffentlicht werden. Doch wer bestimmt, ob es dazu kommt? Um ein Buch bei einem Verlag unterzubringen, muss sich ein Autor in die Position desjenigen versetzen können, dem er sein Buchprojekt vorstellen und verkaufen möchte. Wir stellen Ihnen die wichtigsten Entscheidungsträger vor, ihre Entscheidungskriterien und die Interessen, die sie vertreten (müssen).

So, Sie wollen also Autor werden ...?

Im deutschsprachigen Raum gibt es auf dem Buchmarkt jedes Jahr weit über 90.000 Neuerscheinungen und knapp eine Millionen Publikationen insgesamt, Reprints, Zweitverwertungen und so weiter inbegriffen. 22.136 Unternehmen lassen sich im weitesten Sinne dem herstellenden oder verbreitenden Buchhandel zurechnen; 14.602 von ihnen sind Verlage.


Diese Zahlen sind erschütternd und motivierend zugleich. Autoren, die bereits einen Verlag gefunden haben, fragen sich: Geht mein Buch in dieser Titelflut nicht unter? Wer aber erst noch veröffentlichter Autoren werden will und einen Verlag sucht, den kann diese Masse an Neuerscheinungen auch motivieren. Wenn so viele Bücher auf den Markt kommen, wäre es dann nicht gelacht, wenn nicht auch mein eigenes Buch die Chance auf eine Veröffentlichung hätte?

Die meisten Autoren scheitern dennoch auf ihrem Weg zur Buchveröffentlichung.

Für dieses Scheitern gibt es viele Gründe. Die häufigsten sind:

  • Der Autor hat zwar eine Idee, beginnt aber nie, diese auch auszuformulieren. Es fehlt an Schreibmotivation oder an einem Plan, wie das Wunschprojekt Buch angegangen werden könnte.

  • Der Autor hat eine Idee und beginnt, sie niederzuschreiben. Nach einiger Zeit aber verzettelt er sich, die Geschichte ufert aus und will kein Ende finden; beim Sachbuch kommen mehr und mehr Aspekte hinzu und es ist kein Ziel in Sicht. Es fehlt an einem roten Faden, einem Konzept.

  • Der Autor hat nicht nur eine Idee sondern auch eine Struktur. Er beginnt auch mit dem Schreiben. Aber nach einiger Zeit verliert er die Lust und legt das Projekt beiseite. Es fehlt an Zeit, an Motivation und Selbstmanagement.

  • Der Autor hat sein Buch zwar fertig gestellt, weiß aber nicht, wie er nun weiter vorgehen soll. Ist sein Buch gut? Ist es schlecht? Wem könnte er es zur Prüfung überreichen und in welcher Form? Wie geht es jetzt weiter? Wie wird aus dem Geschriebenen ein gedrucktes Buch?

    Ist das Geschriebene überhaupt zur Veröffentlichung geeignet - und wenn ja, in welcher Form? Es fehlt an Wissen um den Buchmarkt, um Titelpositionierung und Wegen zur Verlagsansprache.

Informationen zu den zuletzt genannten Punkten liefert Ihnen dieser Beitrag.

Der Autor - ein Rad im Getriebe: Vom weiten Weg bis zur Veröffentlichung

Der Autor schreibt ein Buch; aber vom geschriebenen Text bis zur Buchveröffentlichung ist es ein weiter Weg. Wie also kommt das Buch zum Leser? Der Weg ist länger und verschlungener, als die meisten Menschen, die Autor werden wollen, annehmen:

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Wege der Literaturvermittlung

Dass ein Buch quasi von selbst seinen Weg zur Veröffentlichung findet, nur weil es so gut geschrieben ist oder die Idee dazu so bestechend war, das passiert nicht. Nie. Ein Buchprojekt muss vielmehr aktiv auf den Buchmarkt und seine Anforderungen ausgerichtet werden, der Autor muss sich um die richtigen Ansprechpartner bemühen und er muss sein Werk optimal präsentieren, um den Verlag davon zu überzeugen, dass dieser mit ihm Geld verdienen kann.

Ein Verlag ist keine Wohlfahrtsorganisation. Es ist ein Wirtschaftsunternehmen, und es muss zunächst einmal lukrative Projekte verlegen, die Profit bringen. Selbstverständlich ist das Verlegen von Büchern auch eine Herzensangelegenheit, und immer wieder einmal wird ein Buch allen Bedenken zum Trotz produziert, weil es dem Verleger oder einzelnen seiner Mitarbeiter "ans Herz gewachsen" ist.

Im Normalfall aber fällt der Entschluss für oder gegen ein Buch nicht aus dem Bauch heraus, sondern folgt einer ganzen Reihe von Kriterien, die ein Autor kennen sollte, wenn er sein Buch erfolgreich anbieten möchte.

Wer entscheidet im Verlag?

  • Der Lektor

    Der Lektor ist im Verlag für die Programmauswahl und die Titelplanung zuständig. Bei ihm gehen Exposés und Manuskripte ein, und er muss sie prüfen und entscheiden, ob sie für den Verlag sinnvoll sind oder nicht.

    Die wichtigsten Kriterien, unter denen ein Lektor ein Buch prüft, sind:

    • Kompatibilität: Passt das Buch/das Thema des Buches ins Verlagsprogramm?

    • Inhalt: Hat das Buch (bei belletristischen Titeln) einen stimmigen Plot und lebendige, glaubwürdige Figuren beziehungsweise (bei Schul-, Fach- oder Sachbüchern) hat es einen stimmigen, nutzwertigen und in sich logischen Aufbau?

    • Stil: Kann der Autor schreiben?

    • Qualifikation: Ist der Autor von seinem Wissenshintergrund her qualifiziert dafür, dieses Buch zu schreiben? (Besonders bei Sach-, Fach- und Lehrbüchern ist dies ein entscheidendes Kriterium. Nebenbei ist es noch interessant, ob der Sachbuchautor dann auch als Multiplikator dienen und somit den erwarteten Absatz des Buches erhöhen kann.)

    • Zuverlässigkeit: Wird der Autor das Buch auch wirklich fertig stellen? (Wir erinnern uns: Ideen gibt es viele; aber aus den wenigsten Ideen werden am Ende auch wirklich Bücher.)

    Gibt es in einem Verlag viele Lektoren, wird das Buch zunächst einmal auf der Redaktionskonferenz vorgestellt. Mit etwas Glück gefällt es allen oder zumindest den meisten Lektoren, und die Chancen, dass das Buch ins Verlagsprogramm aufgenommen wird, steigen. Doch es reicht nicht, dass dem Lektor das Buch gefällt. Denn er entscheidet für gewöhnlich nicht allein, ob ein Buch Einzug ins Verlagsprogramm hält oder nicht.

  • Marketing und Vertrieb

    Das Marketing ist ein weiterer Entscheidungsträger. Diese Abteilung prüft das Buch unter Kriterien wie:

    • Absatzchancen: Gibt es für das Buch einen Markt? Wird es sich voraussichtlich verkaufen?

    • Konkurrenz: Wie viele thematisch ähnliche Konkurrenztitel gibt es bereits auf dem Markt?

    • Vermarktbarkeit des Themas: Ist das Thema aktuell und bietet somit gute Aufhänger zur Vermarktung? (Beispiele: Terroranschläge; Angst vor der Altersarmut; eine Biographie über Angela Merkel, eingereicht unmittelbar nach ihrer Wahl zur Kanzlerin; ein Buch zu einem besonderen Jahres- oder Todestag, die Fußball-WM etc.)

    • Vermarktbarkeit des Autors: Ist der Autor repräsentabel? Ist er ein gutes Zugpferd - etwa weil er einen bekannten Namen hat oder ein Experte in seinem Fachgebiet ist - oder hat er etwas anderes an sich, das besonders werbewirksam in Szene gesetzt werden kann?

  • Vertreter (Vertrieb)

    An der Entscheidung über die Akzeptanz eines neuen Titels/Autors ist als dritte Instanz auch noch die Vertreterkonferenz beteiligt. Sie ist ein wichtiges Korrektiv für die Mitarbeiter des Buchverlages. Vertreter reisen von Buchhandlung zu Buchhandlung, um das Verlagsprogramm vorzustellen. Durch die direkten Gespräche mit den Buchhändlern erfahren sie eine Menge darüber, was sich gerade gut, was schlecht verkauft, welche Themen gefragt sind und welche nicht etc.

    Auf den Vertreterkonferenzen stellen die Verlagslektoren das Programm vor. In seltenen Fällen kann es geschehen, dass ein Buch, das Redaktionskonferenz und Marketing überzeugen konnte, in der Vertreterkonferenz wieder verworfen wird. Allerdings befindet sich das Berufsbild des Verlagsvertreters im Wandel. Das Internet oder auch das viel zitierte "Web 2.0." ermöglichen den direkten Kontekt zum Kunden - und manche Verlage nutzen diesen Weg. Ob es die Vertreterkonferenz in dieser Form auch noch in zehn Jahren geben wird, wird die Zeit zeigen.

Was macht ein Lektor?

Kehren wir zurück zur Positionierung eines Titels bei einem Verlag: Der erste Ansprechpartner des Autors ist dabei immer noch der Lektor. Früher einmal arbeiteten Lektoren mit einer sehr überschaubaren Anzahl von Titeln und Autoren. Doch der Buchmarkt ist zunehmend zum Massenmarkt geworden, die Arbeit Einzelner am Text wurde zur Arbeit Vieler, mit entsprechender Spezialisierung. Auch die Aufgaben des Lektors wurden immer weiter umverteilt, er selbst wurde zum Projektmanager, der eine wachsende Anzahl von Reihen und Titeln und deren Akteure koordiniert und verwaltet.

Für die Sichtung eingehender Manuskripte und die tatsächliche Arbeit am Text und mit den Autoren bleibt ihm so immer weniger Zeit.

Selbstverständlich gibt es auch Fälle, in denen Verlage an (prominente oder bereits renommierte) Autoren heran treten und sie bitten, ein Buch zu einem bestimmten Thema zu schreiben. In diesem Fall ist das Buch bereits im Vorfeld in das Verlagsprogramm integriert und eingeplant (und wird im Sachbuch nicht selten von Ghostwritern geschrieben). In vielen Fällen aber muss ein eingereichtes Buch im Verlag eine sehr große Hürde überwinden: Es muss herausstechen aus den bis zu 2000 unangefordert eingesandten Manuskripten pro Verlag und Jahr, von denen durchschnittlich eines pro Verlag tatsächlich umgesetzt wird.

Den Lektoren (oder ihren Zuarbeitern) kommt die Aufgabe des Aussortierens, des Suchens nach Neuem, nach Trends, nach dem "kleinen Wunder, das aus toten Schriftzeichen Lebendiges entstehen lässt" zu. Er ist, wie der ehemalige Rowohlt-Lektor Wolfgang Weyrauch beschreibt, "Hebamme und Totengräber" zugleich.

Der Lektor heutzutage ist nur noch in den seltensten Fällen in der Lage, die Flut der eingehenden Manuskripte tatsächlich zu bewältigen. Schließlich ist dies nicht seine einzige Aufgabe. Er muss schließlich auch mögliche Lizenztitel prüfen, bereits vorhandene Autoren betreuen, Verlagsprogramme gestalten und Reihen betreuen. Oft delegiert er die Titelsichtung an freie Mediendienstleister weiter, und nicht selten wandern Manuskripte nach kürzester Sichtung ungelesen (oder schlichtweg nie) an ihren Autor zurück.

Damit Ihr Buchprojekt in dieser kurzen Zeit, die der Lektor ihm in seinem Arbeitsprozess widmen kann, überzeugt, braucht Ihr Buch neben einem guten Inhalt und einer zündenden Idee vor allem eines: Ein sehr gutes "Bewerbungsschreiben", sprich: ein herausragendes Exposé.

Agent

Es ist auch möglich, über eine Agentur an einen Verlag heran zu treten. Ein Agent filtert Angebote vor. Letzlich prüft aber ein Agent nach den gleichen Kriterien wie der Verlag.

Wie Lektoren ticken: Lektoren im Gespräch

Lektoren sind Leser, kritische Leser. Sie stimmen einem Projekt zu oder verwerfen es aus den gleichen Gründen wie ein Leser es zur Kasse trägt oder beiseite legt.

Wenn Sie noch etwas mehr darüber erfahren möchten, was Lektoren tun und wie sie entscheiden, lesen Sie hier weiter:

Autor und Lektor - eine Hassliebe

Interview mit Klaus N. Frick, Cheflektor bei Perry Rhodan

Interview mit Matthias Bischoff, Lektor bei Eichborn

Interview mit Volker Busch, Lektor bei Goldmann/Blanvalet

Interview mit Günther Opitz, Fischer Verlag

Interview mit Friedel Wahren, Piper-Verlag

Ein Interview mit Carsten Polzin, Fantasy-Chef im Piper-Verlag, gibt es hier.

Neuer Autor oder Lizenz?

Wer hierzulande Autor werden will, muss sich nicht nur gegen die schreibende Konkurrenz im eigenen Land behaupten. Warum, so fragen sich viele Verlage, sollten wir ein Buch eines unbekannten Autors verlegen, wenn die Lizenz für eine Übersetzung ungleich günstiger ist als der Lohn des neuen Autors - und das übersetzte Exemplar sich überdies unter Umständen bereits im Ausland bewährt hat? Die mit Abstand meisten Übersetzungen ins Deutsche stammten im Jahr 1998 mit 72,2% aus dem englischsprachigen Raum, gefolgt von den Übersetzungen aus dem Französischen (9,3%). 1998 wurden insgesamt 7177 Übersetzungen ins Deutsche aus anderen Herkunftssprachen erstveröffentlicht, 2615 davon im Bereich der Belletristik, 1870 von diesen aus der englischsprachigen Literatur. Im Gegensatz dazu ist die Lizenzvergabe deutscher Werke ins Ausland breit gefächert. 1998 wurden insgesamt 4133 Lizenzen ins Ausland vergeben, 19,7% davon aus dem Bereich der Belletristik.

In den letzten zehn Jahren hat sich dieses Gleichgewicht ganz leicht verschoben. Deutsche Autoren, lange Zeit Stiefkind der Verlage und zeitweise sogar als verkaufsschädigend angesehen (einer der Gründe, aus dem Marion Zimmer-Bradley ihrerzeit gern genommen wurde, war ihr englischer Zweitnamen), werden seit einigen Jahren zunehmend vom deutschen Verlagsmarkt wiederentdeckt. Mit Schrecken stellt man dabei fest, dass es so viele etablierte deutsche Autoren am Markt gar nicht gibt. Und so sahen sich Autoren wie etwa Kai Meyer in der Fantasy vor wenigen Jahren von jetzt auf gleich heiß umworben und als Verlagszugpferd und Hauptwerbeschwerpunkt gehandelt.

Mittlerweile schreiben etliche Verlage regelmäßig Wettbewerbe - derzeit insbesondere in Genres wie Krimi, Phantastik oder Frauenbuch - aus, um den Nachwuchs zu finden und ggf. auch zu fördern. Trotzdem sind die obigen Zahlen im Verhältnis bis heute repräsentativ: Die meisten unserer Bücher im deutschsprachigen Raum sind von englischen Muttersprachlern geschrieben. Und im Vergleich werden nur sehr wenige deutsche Titel ins Englische übersetzt. Der Absatzmarkt für Übersetzungen aus dem Deutschen liegt eher in den Ostblock-Ländern.

Autoren-Coaching: Der Online-Workshop

Haben Sie ein Buch geschrieben? Schreiben Sie Sie gerade eines? Oder haben Sie konkrete Pläne für ein Buch? Momo Evers, Autorin dieses Beitrags, hilft dabei, Ihr Buchprojekt erfolgreich werden zu lassen: Im Online-Workshop Erfolgreich als Autor: Buchidee - Exposé - Veröffentlichung erhalten Sie Feedback, Hilfestellung und Praxistipps, um aus Ihrer Buchidee ein stimmiges Konzept zu machen. Außerdem gibt sie Schützenhilfe und konkrete Informationen für die Verlagssuche, zur Vertragsgestaltung und zu Werbemöglichkeiten für Ihr Buch.

Im "Erfolgreich als Autor"-Workshop entstandene Bücher, die bereits erschienen sind bzw. in Kürze erscheinen :