Künstlersozialabgabe umgehen? Vorsicht mit Gefälligkeitsrechnungen

Als Dienstleister sollten Sie sich weigern, wenn Ihr Auftraggeber auf Ihr Risiko hin KSK-Abgaben sparen will.

Weil für Honorare an Künstler und Publizisten fast vier Prozent KSK-Abgtabe fällig werden, werden die Dienstleister oft zu "KSK-unverdächtigen" Leistungsbeschreibungen in der Rechnung gedrängt. Wir sagen, welchen Spielraum Sie haben und ab wann Sie sich weigern sollten.

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Wer Aufträge an Künstler und Publizisten vergibt, muss auf die gezahlten Honorare eine Sozialabgabe von 5,2 Prozent an die Künstlersozialkasse abführen. Sparsame Auftraggeber verlangen mitunter von ihren Dienstleistern deshalb Rechnungen, die möglichst "unkünstlerisch" klingen. Sogar nachträgliche Rechnungskorrekturen werden mitunter verlangt. Aller Kundenorientierung zum Trotz: Bei solchen Wünschen ist dienstbeflissenes Entgegenkommen fehl am Platz. Wir sagen Ihnen auch, warum.

Obligatorische KSK-Prüfungen

Die Pflicht zur Zahlung der Künstlersozialabgabe besteht für Unternehmen und Institutionen aller Art bereits seit Jahr und Tag. Um mehr Beitragsgerechtigkeit herzustellen, versucht die Künstlersozialkasse seit einiger Zeit, die abgabepflichtigen Auftraggeber möglichst vollständig zu erfassen.

Zu diesem Zweck werden inzwischen bundesweit Erfassungsbögen verschickt: Außerdem haben die Prüfdienste der Deutschen Rentenversicherung (DRV, vormals: BfA) den Auftrag, bei ihren regelmäßigen Betriebsprüfungen auch die Fälligkeit der Künstlersozialabgabe zu kontrollieren und durchzusetzen. Da Arbeitgeber im Schnitt alle vier Jahre mit einer DRV-Prüfung rechnen müssen, gehen den Behörden regelmäßig säumige Beitragszahler ins Netz.

Künstlersozialkasse und KSK-Beitragspflicht: Vielseitige Informationen bei akademie.de


Wer ist Künstler oder Publizist im Sinne der KSK?

Einen ersten Anhaltspunkt, welcher Personenkreis juristisch als Künstler und Publizisten gilt, liefert § 2 Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG):

"Künstler im Sinne dieses Gesetzes ist, wer Musik, darstellende oder bildende Kunst schafft, ausübt oder lehrt. Publizist im Sinne dieses Gesetzes ist, wer als Schriftsteller, Journalist oder in anderer Weise publizistisch tätig ist oder Publizistik lehrt."

Welche Tätigkeiten im Einzelnen abgabepflichtig sind und welche Bestimmungen für spezielle Branchen gelten (z. B. Werbeagenturen oder Veranstalter), entnehmen Sie im Zweifel den "Informationsschriften für Unternehmen und Verwerter", die auf der KSK-Website zum Download bereitgestellt werden.

Leistungsart 'anpassen'?

Da es sich bei dem 5,2-prozentigen Zuschlag (Stand: 2014) auf die Honorare von Künstlern und Publizisten ja nicht gerade um Peanuts handelt, liegt die Überlegung nahe, von seinen Dienstleistern "unverdächtige" Leistungsbeschreibungen zu verlangen. Der gewerkschaftliche Freien-Informationsdienst "mediafon" berichtete beispielsweise, dass Lektoren aufgefordert wurden, im Rechnungstext statt der abgabepflichtigen Leistung "Lektorat" einfaches "Korrekturlesen" anzugeben.

Bei überwiegend ausführenden, "handwerklichen" Tätigkeiten ohne größeren kreativen Gestaltungsspielraum fällt die Abgabe nämlich nicht an. Das hat das Bundessozialgericht vor Jahren in einem Grundsatzurteil entschieden.

Solange die Bezeichnung der Leistungsart mit den tatsächlichen Gegebenheiten übereinstimmt, ist gegen eine Konkretisierung oder gar die nachträgliche Korrektur durch Ausstellen einer neuen Rechnung grundsätzlich nichts einzuwenden. Dem Auftragnehmer entsteht dadurch normalerweise ja auch kein Schaden.

Anders ist es, wenn der Wegfall des künstlerischen oder publizistischen Umsatzanteils die weitere Mitgliedschaft in der KSK gefährdet wird. Das ist zum Beispiel dann der Fall, wenn dadurch ...

  • das Mindestjahreseinkommen aus künstlerischen oder publizistischen Tätigkeiten von zurzeit 3.900 Euro unterschritten oder

  • die Obergrenze nicht-künstlerischer/nicht-publizistischer Leistungen überschritten wird. Die liegt derzeit bei 5.400 Euro pro Jahr. Mit anderen Worten: Die nicht-künstlerischen/nicht-publizistischen "Nebentätigkeiten" von KSK-Mitgliedern dürfen aufs Jahr gesehen nicht den Umfang einer geringfügigen Beschäftigung überschreiten. (Mehr dazu im Beitrag "Künstlersozialkasse und Geringfügigkeitsgrenze für Nebenjobs".)

Ob Sie KSK-Mitglied sind, ist für die Abgabe unerheblich!

Um Missverständnissen vorzubeugen: Die Abgabepflicht des Auftraggebers besteht völlig unabhängig davon, ob der einzelne Auftragnehmer KSK-Mitglied ist oder nicht! Es kommt nur auf die Art der Tätigkeit an und darauf, dass sie von einem Selbstständigen erbracht wird.

Nachträgliche Rechnungskorrektur

Sofern es nur um eine Richtigstellung oder Präzisierung von Art und Eigenschaft des Auftrags geht, die mit der Realität übereinstimmt, ist eine nachträgliche Rechnungskorrektur durchaus zulässig: Je nachdem, welche Auftragsverwaltung Sie verwenden ...

  • ... schicken Sie Ihrem Kunden entweder einfach ein korrigiertes Rechnungsdokument, in dem lediglich die Leistungsart im Rechnungstext geändert ist, oder

  • ... stellen Sie eine Gutschrift über die ursprüngliche Rechnung aus und schicken Ihrem Kunden zusätzlich eine neue Rechnung mit neuer Rechnungsnummer.

Die Gutschrift, das unbekannte Wesen

Was beim Ausstellen von Gutschriften zu beachten ist, entnehmen Sie dem Beitrag "Gutschrift: Vielseitiges Abrechnungs-Instrument".

Manipulationen ablehnen!

Verlangen Auftraggeber jedoch Gefälligkeitsrechnungen, die mit den tatsächlichen Gegebenheiten nicht übereinstimmen, sollten Sie sich dem unbedingt widersetzen: Schließlich machen Sie sich dadurch des (Sozial-)Betrugs mitschuldig. Dessen Entdeckung ist alles andere als unwahrscheinlich: Papier mag ja geduldig sein - eine manipulierte Rechnung ändert jedoch nichts an den zugrunde liegenden Geschäftsvorgängen. Und die können von den DRV-Prüfern im Zweifelsfall jederzeit einer Plausibilitätsprüfung unterzogen werden.

Ob der Auftragnehmer ...

  • den Werbetext nur korrigiert oder in Wirklichkeit eigenhändig geschrieben hat,

  • beim Betriebsfest als Clown oder Kellner aufgetreten ist oder

  • die Unternehmens-Website nicht bloß verwaltet, sondern vielmehr gestaltet hat,

... lässt sich nun einmal auch im Nachhinein relativ leicht feststellen.

Wichtig: "Schummeln" ist in Rechnungsdingen kein Kavaliersdelikt! Im schlimmsten Fall ist nicht nur eine eventuelle KSK-Mitgliedschaft gefährdet. Theoretisch droht sogar eine strafrechtliche Verfolgung als Betrugsdelikt nach § 263 StGB (auch bereits der Betrugsversuch ist strafbar).

Keine Honorarkürzungen hinnehmen!

Sollte Ihr Kunde auf die Idee kommen, die Künstlersozialabgabe einfach von Ihrem Honorar abzuziehen, müssen Sie das keinesfalls hinnehmen: Das Abwälzen der Beiträge auf Künstler oder Publizisten ist laut § 36a KSVG unter Hinweis auf § 32 SGB I verboten.

Fazit

Über Sinn und Unsinn der Künstlersozialversicherung und der dazugehörigen Sozialabgabe kann man durchaus geteilter Meinung sein: Dass der mehr als 5-prozentige Aufschlag auf sämtliche Honorare an Künstler und Publizisten kleine Unternehmen in ernste Bedrängnis bringen kann, ist unbestreitbar. Erst recht dann, wenn die Abgabe aus heiterem Himmel und noch dazu über mehrere Jahre rückwirkend verlangt wird.

Einzelne Auftragnehmer sind dafür jedoch nicht verantwortlich - ganz gleich, ob sie KSK-Mitglied sind oder nicht. Wer seinen Kunden freiwillig oder unter mehr oder weniger "sanftem" Druck Gefälligkeitsrechnungen ausstellt, leistet sich einen Bärendienst und bringt sich schlimmstenfalls sogar mit dem Gesetz in Konflikt.

Am besten bleiben Sie bei der Wahrheit - für andere Steuern und Abgaben müssen Sie als Auftragnehmer Ihren Kunden ja auch nicht Rechenschaft ablegen. Günstiger als die Beschäftigung von Arbeitnehmern ist die Auftragsvergabe an freie Künstler und Publizisten allemal: Immerhin liegt der Arbeitgeberanteil an den Sozialversicherungsbeiträgen bei abhängig Beschäftigten rund fünfmal so hoch.