Riester, Rürup & Co: Keine wirkliche Sicherheit für zertifizierte Altersvorsorgeprodukte

Im Pleitefall des Herausgebers werden Riester-Rente, Rürup-Rente und Lebensversicherungen mitgerissen

Riesterrente, Rüruprente und Lebensversicherung - wenn der Versicherer Pleite geht, kann nichts passieren? Leider ist diese Annahme falsch. Gesetzlich ist in § 89 VAG bereits geregelt, dass Kundenguthaben mit in die Pleite gerissen werden dürfen.

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Was passiert mit zertifizierten Altersvorsorgeprodukten, wie Riester-Rente, Rürup-Rente und Lebensversicherung, wenn das herausgebende Finanzinstitut pleitegeht? Viele Bürger denken, dass in solchen Fällen der Staat einspringt. Schließlich werden Bankberater, Versicherungsprofis, Staat und Medien nicht müde zu betonen, man müsse sich jetzt durch private Altersvorsorge zusätzlich absichern. Hat Vater Staat nicht extra vorgesehen, dass das Ansparvermögen in gesetzlich zertifizierte Altersvorsorgeprodukte unpfändbar ist? Und Hartz-IV-sicher obendrein? Tja. Entgegen dem Anschein sind zertifizierte Altersvorsorgeprodukte wie Riesterrente, Rüruprente und Lebensversicherungen eben NICHT pleitesicher.

Der Wortlaut des § 89 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) in der Fassung vom 01.04.2012 weist die Richtung. Hier regelt der Gesetzgeber bereits weise, wie im Pleitefall des Vorsorgeproduktanbieters sowohl Privatrentenbezieher als auch Renteneinzahler in den Pleitestrudel mit hineingerissen werden (Hervorhebungen im Text sind vom Autor):

§ 89 Versicherungsaufsichtsgesetz

§ 89
 Zahlungsverbot; Herabsetzung von Leistungen

(1) Ergibt sich bei der Prüfung der Geschäftsführung und der Vermögenslage eines Unternehmens, dass dieses für die Dauer nicht mehr imstande ist, seine Verpflichtungen zu erfüllen, die Vermeidung des Insolvenzverfahrens aber zum Besten der Versicherten geboten erscheint, so kann die Aufsichtsbehörde das hierzu Erforderliche anordnen, auch die Vertreter des Unternehmens auffordern, binnen bestimmter Frist eine Änderung der Geschäftsgrundlagen oder sonst die Beseitigung der Mängel herbeizuführen. Alle Arten Zahlungen, besonders Versicherungsleistungen, Gewinnverteilungen und bei Lebensversicherungen der Rückkauf oder die Beleihung des Versicherungsscheins sowie Vorauszahlungen darauf, können zeitweilig verboten werden. Die Vorschriften der Insolvenzordnung zum Schutz von Zahlungs- sowie Wertpapierliefer- und -abrechnungssystemen sowie von dinglichen Sicherheiten der Zentralbanken und von Finanzsicherheiten finden entsprechend Anwendung.

(2) Unter der Voraussetzung in Absatz 1 Satz 1 kann die Aufsichtsbehörde, wenn nötig, die Verpflichtungen eines Lebensversicherungsunternehmens aus seinen Versicherungen dem Vermögensstand entsprechend herabsetzen. Dabei kann die Aufsichtsbehörde ungleichmäßig verfahren, wenn es besondere Umstände rechtfertigen, namentlich wenn bei mehreren Gruppen von Versicherungen die Notlage des Unternehmens mehr in einer als in einer anderen begründet ist. Bei der Herabsetzung werden, soweit Deckungsrückstellungen der einzelnen Versicherungsverträge bestehen, zunächst die Deckungsrückstellungen herabgesetzt und danach die Versicherungssummen neu festgestellt, sonst diese unmittelbar herabgesetzt. Die Pflicht der Versicherungsnehmer, die Versicherungsentgelte in der bisherigen Höhe weiterzuzahlen, wird durch die Herabsetzung nicht berührt.

(3) Die Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 2 können auf eine selbständige Abteilung des Sicherungsvermögens (§ 66 Abs. 7) beschränkt werden.

Die Hoffnung auf Privat-Rente kann sich im Krisenfall also sehr wohl als Privat-Ente herausstellen.

Im Klartext bedeutet § 89 VAG:

  • Jegliche Auszahlung von Renten aus privaten Vorsorgeverträgen wie Riester-, Rürup- oder Lebensversicherungsvertrag kann "zeitweilig" verboten werden, wenn das ausgebende Finanzinstitut vor der Pleite steht.

  • Die Höhe ausgezahlter Renten kann je nach Finanzlage des Ausgabeinstituts herabgesetzt werden. Bei den Herabsetzungen kann auch ungleichmäßig verfahren werden.

  • Selbst wenn das Finanzinstitut, welches das Vorsorgeprodukt herausgibt, die eigenen Zahlungsverpflichtungen nicht mehr erfüllen kann, muss der private Renteneinzahler dem Pleiteinstitut weiterhin die vertraglich vereinbarten Beträge in voller Höhe entrichten.

Man darf sich nichts vormachen: Im Pleitefall des Ausgabeinstituts bietet Ihnen das Altersvorsorgezertifizierungsgesetz (AltZertG) fürs Riestern oder Rürupen oder andere staatlich alterszertifizierte Ansparformen letztlich keine Sicherheit. Auch das sogenannte Sicherungsvermögen – früher Deckungsstock genannt -, das nach § 66 VAG das Ansparvermögen des Kunden vor der Insolvenz eines sich verkalkulierenden Finanzinstituts schützen soll, nutzt da nichts. Denn § 89 VAG durchbricht auch diese Regelung.

Hintergrund und Risikobetrachtung

Das Szenario um sich greifender Banken- und Versicherungspleiten, das den Fall § 89 VAG auslösen könnte, ist aktuell nicht so weit hergeholt, wie manche vermuten.

Bereits seit 2008 wird versucht, die globale Schulden- und Derivatekrise der Finanzbranche durch immer größere Staatsbürgschaften für faule Kredite der Finanzbranche auszusitzen. Wer Schulden von Pleitebanken und Pleiteversicherungen durch noch mehr Staatsschulden bekämpft, löst aber keine Schuldenkrise. Die Dominosteine fallen nur später – dann leider aus größerer Höhe.

Als Gläubigerland sitzt Deutschland bei Kreditpleiten in anderen Ländern voll mit im Boot. Schließlich halten die deutschen Finanzinstitute zuhauf faule Kredite. Und die Deutsche Bundesbank sitzt auf riesigen Target-2-Forderungen an die Zentralbanken anderer Euroländer, deren Banken mit diesen Liquiditätsgeldspritzen aus Deutschland am Leben erhalten werden.

Die wissenschaftlich „finanzielle Repression“ genannte Niedrigzinspolitik der Zentralbanken, an der sich die Banken laben, führt inflationsbereinigt häufig zu negativen Zinserträgen auf den Geld- und Anleihemärkten. Das hat sich inzwischen zu einem echten Vorsorgekiller für Privatrenten ausgewachsen. Wie sollen die Finanzinstitute zukünftig die vereinbarten höheren Garantiezinsen für Lebensversicherungen erwirtschaften?

Gehen in Deutschland Herausgeber privater Altersvorsorgeprodukte nach AltZertG (Gesetz über die Zertifizierung von Altersvorsorge- und Basisrentenverträgen) pleite, dann wird - nach dem Anzapfen der beschränkten eigenen Sicherungsfonds der Finanzbranche – sicher auch der deutsche Staat in die Bresche springen wollen. Schließlich möchte man so einen Banken- und Versicherungsrun der verunsicherten Bevölkerung verhindern. Man kennt das ja schon zu Genüge aus anderen Euroschulden-Ländern. Die Frage ist nur, ob die deutsche Staatsschatulle das dann noch zulässt.

Fazit

Wer sich privat um Altersvorsorge bemüht, ist gut beraten, nicht blindlings den angepriesenen Altersvorsorgeprodukten nach AltZertG zu vertrauen. Vielmehr sollte man sich auch § 89 VAG ansehen, der das Vorgehen im Krisenfall auch für diese Finanzprodukte beschreibt.

Der § 89 VAG wird von den provisionsgesteuerten Bank- und Versicherungsberatern sowie Strukturvertrieblern im Kundengespräch wohl kaum als drohendes Vermögensrisiko aufgedeckt. Vorsicht ist jedenfalls dann geboten, wenn man alle Ersparnisse nur auf steuerbegünstigte private Altersvorsorgeprodukte und Lebensversicherungen setzen will, um angepriesene Steuererleichterungen oder Riester-Zuschüsse mitzunehmen.

Dagegen spricht auch, dass man heute nicht weiß, wie hoch in einem überschuldeten Deutschland in einem überschuldeten Euroland zukünftig die Steuern ausfallen werden. Möglicherweise ist der eigene Steuersatz von heute niedriger und günstiger, als der zukünftige Steuersatz im Rentenalter trotz dann geringeren Alterseinkommens sein wird. Irgendwann muss nach allen Exzessen und hingegebenen Haftungsbürgschaften die Schuldensanierung des Staates erfolgen. Das kann - wie bisher schon häufiger - mittels massiver Steuererhöhungen passieren, wobei auch niedrigere Einkommen wegen der Masse zur Steuerkasse gebeten werden. Womöglich ist es daher günstiger, gleich jetzt die Einkommenssteuern zu zahlen, auf steuer- oder zuschussfähige Rürup-, Riester- und Lebensversicherungsprodukte zu verzichten, um die Vorsorgeersparnisse aus drohenden Staats- und Banksterpleiten mittels alternativer Anlageoptionen herauszuhalten.

Vorsorgealternative durch Sachwertanlage wie Edelmetalle

Kein Pleitefall von Banken und Versicherungen kann Ihnen bei direkten Sachwertanlagen außerhalb des Bankensystems passieren. Wenn Sie beispielsweise Ihre versteuerte Papierwährung in physisches Silber oder Gold umtauschen und dieses bankfrei verwahren, halten Sie Ihre Ersparnisse auch aus der eventuell ausufernden globalen Krise der ungedeckten Papierwährungen heraus. Zudem ist der Wertzuwachs bei Gold und Silber steuerfrei. Für Edelmetalle gibt es (noch) keine Abgeltungssteuer.

Zum Weiterlesen:

Weitere Beiträge finden Sie auf unserer Themenseite: Altersvorsorge für Selbstständige und geschäftsführende Gesellschafter.