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Wenn ihrem Unternehmen die Zahlungsunfähigkeit droht, gehen viele Selbstständige aus Angst, Scham, Hilflosigkeit oder Überforderung auf Tauchstation. Die Vogel-Strauß-Politik ist aber die denkbar schlechteste Wahl. Wir geben einen Überblick über das Insolvenzrecht und nennen die wichtigsten Anlaufstellen.
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Hausgemachte Ursachen für wirtschaftliche Engpässe in Unternehmen gibt es viele. Neben fehlenden Aufträgen sind das erfahrungsgemäß eine zu geringe Ausstattung mit Eigenkapital, eine zu hohe Fixkostenbelastung und die fehlende Übersicht über die laufenden Einnahmen und Ausgaben.
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Nicht alle Zahlungsschwierigkeiten haben etwas mit mangelnder Eignung des Unternehmers oder der Untauglichkeit seiner Geschäftsidee zu tun - denken Sie nur an ...
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sinkende Zahlungsmoral der Kundschaft,
verschlechterte Lieferantenkonditionen (höhere Preise oder kürzere Zahlungsziele) oder
geringere Finanzierungs-Spielräume durch verschärfte Bankauflagen (z. B. Kürzung des Kontokorrentkredits).
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Wenn ein Unternehmen oder ein Freiberufler allein aufgrund eines vorübergehenden Zahlungsengpasses scheitert, ist das ganz besonders schmerzhaft. Zumal dann, wenn auf diese Weise entstandene Schulden die private Existenz bedrohen - statt, wie erhofft, eine selbstständige Existenz ermöglichen.
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Bei rechtzeitiger Reaktion lässt sich der endgültige Zusammenbruch zum Glück vermeiden, zumindest aber der entstandene Schuldenberg auf ein erträgliches Maß begrenzen. Deshalb: So verständlich es ist, dass einem in schwierigen Situationen alles über den Kopf wächst: Lassen Sie sich auf keinen Fall zu einer "Alles-egal-Haltung" verleiten.
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Im Übrigen: So unangenehm und schmerzhaft geschäftliche Misserfolge und private Schulden sein mögen - die Betroffenen sind damit in guter und zahlreicher Gesellschaft. Nach Angaben des Wirtschaftsinformationsdienstes Bürgel mussten allein im ersten Halbjahr 2013 über 32.000 Unternehmen Insolvenz anmelden. Trotz vergleichsweise guter Wirtschaftslagesind das 1,8 % mehr als ersten Halbjahr 2012! Die Zahl der Privatinsolvenzen ist im gleichen Zeitraum auf rund 63.000 gesunken.
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Erste-Hilfe-Koffer Unternehmenskrise
Einen systematische Anleitung zur Kehrtwende in wirtschaftlichen Krisensituationen liefert Unternehmensberater Joachim Brüser:
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Misserfolg = Versagen?
Die erste und wichtigste Voraussetzung für den Erhalt der Handlungsfähigkeit ist die Einsicht, dass ausbleibender geschäftlicher Erfolg kein persönliches Versagen darstellt.
(Miss-)Erfolgsforscher haben festgestellt: Selbst wer alles vermeintlich "richtig" macht, kann scheitern. Trotzdem: Wie unverhältnismäßig groß die "German Business Angst", die Furcht vor dem Scheitern im Geschäftsleben im internationalen Vergleich ist, zeigt unser Beitrag "Mehr Mut zum Misserfolg: Erfolgreicher Umgang mit Misserfolgen". Darin werden auch die wichtigsten "W-Fragen des Krisenmanagements" gestellt.
Beruhigende und inspirierende Denk- und Handlungsanstöße für den Umgang mit Misserfolgen finden Sie aber auch ...
in Christiane Zschirnts differenzierter Betrachtung "Keine Sorge, wird schon schiefgehen",
im sehr persönlichen "Tagebuch einer Pleite", das die einstige Vorzeige-Unternehmerin Anne Koark unter dem Titel "Insolvent und trotzdem erfolgreich" veröffentlicht hat,
in Ursula Otts ironischem Abgesang auf den Perfektionismus "Schöner scheitern" oder auch
in Katja Kraus' Buch "Macht - Geschichten von Erfolg und Scheitern".
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Geschäftszahlen im Blick behalten: Controlling für Kleinbetriebe
Damit es gar nicht erst zur drohenden Zahlungsunfähigkeit kommt, ist es wichtig, den Überblick über Kosten, Liquidität, Finanzierungs-Stand sowie die Entwicklung von Gewinn und Umsatz zu behalten. Wie Sie das mit einfachen Mitteln schaffen, verrät unser Grundlagenkurs "Controlling für Kleinbetriebe".
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Scheitern steht nicht unter Strafe!
Wenn jemand etwas unternimmt, kann und darf das schief gehen! Das erkennen Sie nicht zuletzt daran, dass "Pleiten" als solche nicht strafbar sind. Allerdings achtet der Staat in seinem eigenen und im Interesse anderer Geschäftsleute und Verbraucher darauf, dass dabei auch die Gläubiger zu ihrem Recht kommen. Und das ist auch gut so: Schließlich bedroht die unerwartete Zahlungsunfähigkeit des einen Unternehmens schnell die Existenz anderer Betriebe.
Zur Rechenschaft gezogen wird daher zum Beispiel, wer ...
betrügerische Verlustgeschäfte macht,
Geschäftsunterlagen fälscht oder vernichtet,
betriebliche Steuern und Sozialversicherungsbeiträge nicht abführt (insbesondere die seiner Mitarbeiter!),
seine Geschäftspartner und ggf. das zuständige Insolvenzgericht nicht rechtzeitig und wahrheitsgemäß über Zahlungsengpässe informiert oder
in einem eventuellen Insolvenzverfahren Vermögenswerte beiseite schafft oder einzelne Gläubiger oder Schuldner bevorzugt.
Genauer geregelt sind die Insolvenzstraftaten im "Bankrott"-Paragrafen 283 des Strafgesetzbuchs. Spezielle Vorschriften finden sich außerdem im Gesellschaftsrecht, zum Beispiel im § 64 GmbH-Gesetz.
Wenn Sie sich kein illegales "Bankrott"-Delikt zuschulden kommen lassen und sich im Rahmen Ihrer Möglichkeiten in der Zukunft darum bemühen, die aufgelaufenen Ansprüche Ihrer Gläubiger zumindest teilweise zu erfüllen, müssen Sie wegen eines Gründungs-Flops grundsätzlich keine rechtlichen Sanktionen befürchten. Unter bestimmten Umständen winkt nach einem sechsjährigen "Wohlverhalten" sogar eine Restschuldbefreiung.
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Das Insolvenzrecht
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Zahlreiche und ausführliche Informationen zum Insolvenzverfahren, zum Gläubigervergleich und verwandten Themen finden Sie bei akademie.de in der Rubrik Überschuldung und Insolvenz.
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Der Umgang mit vorübergehender oder dauerhafter Zahlungsunfähigkeit sowie Überschuldung regelt die Insolvenzordnung (InsO). Das Insolvenzverfahren verfolgt das Ziel,
"die Gläubiger eines Schuldners gemeinschaftlich zu befriedigen, indem das Vermögen des Schuldners verwertet und der Erlös verteilt oder in einem Insolvenzplan eine abweichende Regelung insbesondere zum Erhalt des Unternehmens getroffen wird."
Aber nicht nur das: "Dem redlichen Schuldner wird Gelegenheit gegeben, sich von seinen restlichen Verbindlichkeiten zu befreien."
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Verbraucherinsolvenzverfahren für Privatleute und kleine Unternehmen
Grundsätzlich unterscheidet das Insolvenzrecht zwischen der Zahlungsfähigkeit eines Unternehmens (sogenannte Regelinsolvenz) und der einer Privatperson (Verbraucherinsolvenzverfahren laut § 304 InsO). Sofern die Vermögensverhältnisse einer zuvor selbstständig tätigen natürlichen Person überschaubar sind (= weniger als 20 Gläubiger) und gegen ihn keine Forderungen aus Arbeitsverhältnissen bestehen, kann das vereinfachte Verbraucherinsolvenzverfahren auch auf Selbstständige angewendet werden.
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Lassen Sie sich beraten!
Wie Sie richtig mit einer drohenden Insolvenz umgehen, sollten Sie unbedingt im persönlichen Gespräch mit einem kompetenten Berater klären. Warten Sie nicht, bis es zu spät ist - oder weil Sie zu Unrecht glauben, dass es zu spät ist. Auskünfte erhalten Sie zum Beispiel ...
bei lokalen Schuldnerberatungsstellen: Die Bundesarbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung hat eine bundesweite Datenbank der Schuldnerberatungsstellen zusammengestellt.
Bewährte Anlaufstellen sind auch die vielerorts eingerichteten "Runden Tische", über die Sie bei Ihrer Industrie- und Handelskammer bzw. Handwerkskammer Informationen erhalten. Auch die KfW-Mittelstandsbank informiert über "Runde Tische" (RT)" und "Turn-around-Beratungen" (TAB).
Viele Informationen, vor allem auch Fragen von Betroffenen und die dazugehörigen Experten-Antworten bietet das Forum Schuldnerberatung, aber auch das BMWi-Gründerportal in den Rubriken Gründung und Schulden sowie Krisenmanagement.
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Regelinsolvenzverfahren für größere Unternehmen
Voraussetzung für den Antrag auf Regelinsolvenz beim zuständigen Amtsgericht ist die drohende oder eingetretene Zahlungsunfähigkeit oder die Überschuldung eines Unternehmens oder Selbstständigen:
Zahlungsunfähig ist ein Schuldner laut § 17 InsO, sobald er nicht in der Lage ist, seinen fälligen Zahlungspflichten nachzukommen.
Von drohender Zahlungsunfähigkeit ist die Rede, wenn der Schuldner erkennen kann, dass er in der Zukunft seinen Zahlungsverpflichtungen nicht wird nachkommen können.
Überschuldung ist gegeben, wenn die Verbindlichkeiten größer sind als das Vermögen. Überschuldung ist nur bei juristischen Personen (z. B. Kapitalgesellschaften) Grund für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens.
Der formlose Insolvenzantrag kann sowohl von einem Gläubiger als auch vom Schuldner gestellt werden. Einen Antrag wegen drohender Zahlungsunfähigkeit kann nur der Schuldner selbst stellen. Fristvorschriften gibt es beim Insolvenzgesetz nicht. Ein GmbH-Geschäftsführer muss aber beispielsweise "ohne schuldhaftes Zögern", spätestens jedoch drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung den Insolvenzantrag stellen.
Das Gericht schickt dem Schuldner daraufhin einen Fragebogen zu seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen. Ein vorläufiger Insolvenzverwalter prüft, ob tatsächlich Insolvenzgründe vorliegen und ob der Schuldner in der Lage ist, die entstehenden Verfahrenskosten zu tragen.
Wichtig dabei: Auf Antrag können diese Kosten (insbesondere die für die Tätigkeit des Insolvenzverwalters) gestundet werden. Das schafft in vielen Fällen überhaupt erst die Möglichkeit, den Betrieb trotz fehlender Liquidität vorläufig aufrecht zu erhalten.
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Treuhänder-Verfahren
Haben sich Schuldner, Gläubiger und Verwalter nicht auf einen Insolvenzplan geeinigt, in dem beispielsweise bereits die Bedingungen für die Sanierung des Betriebs geschaffen sind, setzt das Gericht einen Insolvenzverwalter ein. Dieser Treuhänder ...
überprüft und ergänzt die vom Schuldner eingereichte Übersicht über alle Vermögenswerte (die sogenannte Insolvenzmasse),
prüft und komplettiert die Forderungsliste und beruft ggf. eine Gläubigerversammlung ein,
übernimmt zugleich alle Verfügungsrechte über das vorhandene Vermögen (sofern der Betrieb weiterläuft, muss ab diesem Zeitpunkt im Prinzip jede Aktivität vom Sachwalter abgesegnet werden: Das gilt für jeden noch so kleinen Ein- und Verkauf),
sorgt für die Verwertung der Insolvenzmasse und schließlich
auch für die Verteilung der erzielten Erlöse. Dabei gibt es eine genau festgelegte Rangfolge der unterschiedlichen Gläubigerrechte.
Gelingt es, alle Gläubiger-Forderungen zu erfüllen, wird das Insolvenzverfahren durch Gerichtsbeschluss beendet.
In den meisten Fällen bleibt jedoch eine Restschuld übrig: Während der Treuhandphase, die mit Beginn des Insolvenzverfahrens eintritt, muss der Schuldner einer angemessenen Erwerbstätigkeit nachgehen und sämtliche pfändbaren Beträge seines laufenden Einkommens an einen Treuhänder abführen.
Der wiederum sorgt dafür, dass die Einnahmen anteilig auf die Gläubiger verteilt werden. Kommt der Schuldner in den sechs Jahren nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens sämtlichen Verpflichtungen nach, kann das Gericht ihn am Ende der Wohlverhaltens-Periode von seinen Restschulden befreien.
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Weitere Informationen
Weiterführende Informationen zu Insolvenzverfahren und Restschuldbefreiung bieten auch die folgenden Seiten auf akademie.de:
Fünf Fallbeispiele erfolgreicher Schuldenregulierung finden Sie in unserem Beitrag "Schuldenfrei durch Gläubigervergleich oder Verbraucherinsolvenz".
Ausführliche Informationen zur Restschuldbefreiung aus Gläubigersicht liefert unsere Expertin Dr. Ellen Ulbricht in ihrem Ratgeber "Das Verfahren zur Restschuldbefreiung und mögliche Versagungsgründe".
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Fazit
Der Besuch einer Schuldnerberatung, das Ertragen eines Insolvenzverfahrens und womöglich jahrelanges "Wohlverhalten" sind alles andere als angenehme Erfahrungen. Besser als auf Tauchstation zu gehen, den Schuldenberg unkontrolliert wachsen zu lassen und sich dabei womöglich strafbar zu machen, sind diese Wege aber allemal. Und das nicht nur, weil kooperative Schuldner letztlich Anspruch auf eine Restschuldbefreiung haben: Vor allem kommen sie auf diese Weise wieder mit sich selbst ins Reine!